Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

375 gingenm), so beweist diese Erscheinung, daß die Rudolfinische Re- ligionsreformation die Vormachtstellung der AC stark beschnitt und durch diese Schwächung die Aussiebten der katholischen Res tauration verbesserte. Zur Abrundung des Bildes bedarf es noch eines Blickes auf di e Pfarren unter geistlichen Herrschaften. c) D i e Pf a rr e n u n t e r ge ist 1i c h e n Herrsch u f t e n i m S t u r m e d e r Z e i t. 1. Die Kloster- und Stiftspfarren. Die Restauration der Klosterpfarren ist von der Reform des Prä- latenstandes zu unterscheiden, nicht aber zu scheiden. Die einzelnen Vorstände der Klöster mußten der Reihe nach die eigenen Häuser, di e Hauptpfarre des Ortes, die umliegenden Klosterpfarren und schließlich die entlegenen Inkorporationspfarren erneuern. Die Prälaten und die Visitationskommissäre hatten stets zwischen der Reformation der Klöster und der Reformation der Pfarren unterschi eden. Di e letzteren kamen erst in zweiter Linie in Frage, und viele Erscheinungen, wie die Haltung von Prädikanten, die Scheinehe von Priestern, der Kelch, Abänderungen der Meßliturgie und anderes, mußten ertragen werden. Es hätte, als die Stunde der Erneuerung schlug, zur wirksamen Durch- führung der kaiserlichen Religionsreformation außerordentlicher Män- ner als Seelsorger bedurft. Solche waren nicht vorhanden. Im Gegenteil, die ganze stürmische Zeit, welche viele Leidenschaften erregte, die Verwilderung des geistigen, gesellschaftlichen und völkischen Lebens, der Mangel der Auslese und der gediegenen Ausbildung, nicht zuletzt das Beispiel der Standesbrüder, waren dem Werden einer neuen Kle- rikergeneration gänzlich abhold. Nur die Maßstäbe einer ganz außer- ordentlichen Zeit dürfen zur Beurteilung angelegt werden. Auch der Klerus um die Wende des sechzehnten zum siebzehnten Jahrhundert war ein Kind seiner Zeit. Dazu kommt die Beobachtung, daß gerade die Geistli chen auf den Klosterpfarren seit Beginn der Gegenreforma- tion stärkster persönlicher Bedrohung ausgesetzt waren. Sie schwebten andauernd in Lebensgefahr. J e mehr sich die Anzeichen der Gegen- reformation mehrten, desto gereizter traten die Anhänger der A C auf. Der Katholizismus erschien als Verfälschung des reinen Gotteswortes und als Abgötterei, der Papst als Antichrist, der dem Volke sein „höch- stes Seelenkleinod", der Seele Seligkeit, rauben wollte. Glühend der Haß gegen die Mess e, leidenschaftli ch die Stimmung gegen die Prozes- sionen. Der mit allen Mitteln aufgepeitschte Kampfgeist verschmolz mit dem natürlichen Trutz des Volkes zu einer für jeden Priester über- aus gefährli chen Haltung. Weit weg waren Landesfürst und Landes- hauptmann, dagegen sahen der Adel, seine Pfleger und seine Beamten bei Ausschreitungen durch die Finger. Viele Briefe und Berichte ka- tholischer Geistlichen riefen nach Gewalt, verzweifelten an den ge- wöhnlichen Mitteln und an der Möglichkeit katholischer Seelsorge über- haupt. Ein gemeinsamer Zug der Klosterpfarren läßt sich als innerer 417 ) Zahlrei che Beispiele im einschlägigen Bescheidbuch der Stände.

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