Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

8 2. Die Bitte um „lautere Predigt des Evangeliums ohne Zusatz" an- läßlich der Bereinigung der ersten obderennsischen Bauernerhebung 1525. Die allg·erneine Bauernerhebung in Sü<l.- und Mitteldeutschland 1524/25 hatte mit einer Reihe österreichischer Länder auch clas Land ob der Enns in Aufruhr versetzt. Doch verlief diese erste Entladung der sozialen Spannungen verhältnismäßig· glimpflich. Es wurde kein Schloß oder Kloster geplündert, kein Gefecht geliefert und kein Blut vergossen 7 ). Das allg·emeine Aufgebot unter Alexander Schifer brach die Kraft der Erhebung·, die trotz des gefährlichen Aussehens ihre innere Schwäche verriet. Der Aufstand ging· gegen die Grundherr- schaften, in erster Linie geg·en den Adel. Bei der Abwehr des AngTiffes offenbarten sich auch die verschiedenen Interessen der einzelnen Grup- pen der landständischen Körperschaft. Prälaten, Herren und Ritter standen in einer Reihe, dagegen sprangen die Städtevertreter aus und bezog·en eine Haltung der Neutralität, die sie auch in Zukunft bei ähn- lichen Anlässen immer ·wieder einnahmen. Da Ferdinand I. den Prä- latenstand finanzi ell bereits sehr stark herang·ezogen hatte, mußte die Hauptzeche cler Adel begleichen. Er konnte schließlich di e Brand- schatzung seiner Untertanen durch eine Ablöse von 5000 fl. verhindern. Bei den ersten Versammlungen der Bauern zu St. Georgen im Attergau fi el kein Wort über das reine Evang·elium. Die Gravamina der bündischen Bauern auf dem Innsbrucker Ausschußlandtag im Juni 1525, deren erster Punkt Beschwerde über di e Pfarrer führte, hielten sich im Rahmen ähnlicher Kundgebungen der früheren Zeit. Neu waren nur die Ba11ern als Wortfiillrer und der scharfe Ton der Forderungen"). Ein ganz anderes ge istig·es Antlitz zeigte das „Gut ach t e n, d i e Empörung zu s t i 11 e n", das die weltlichen Landstände in einer Sitzung vom 7. Juni 1525 auf Ferdina.nds Befehl für ihre Innsbrucker Abg·eordneten ausgearbeitet hatten°) . Es koppelte die zwei Gebiete der Bauernaufstände und der Religionsbeschaffenheit, wendete sich, wenn- g·leich nicht mit ausdrücklicher Nennung, geg·en die zersetzende ,,Schwarmgeisterei" der Zeit und enthüllte sich mit der Forderung der lauteren Predigt des Evangeliums ohne alle Zusätze als erstes offizielles Bekenntnis der weltlichen Stände zur Ideenwelt Luthers. Der Haupt- grund der Empörung seien die widerwärtigen Predigten und Lehren, die für das Wort Gottes gelehrt würden. Sie brächten nicht nur Gefahr für Leib und Gnt, sond ern die Verdammnis der Seele. Aus solchen, 7 ) Czerny A. , Dor erste lluueruaufstaud in Oberösterreich 1525, S. 176 f. 8 ) Die Obelstiinde zeigen das Schema der Beziehungen zwischen Pfarrer uud Dauerngemeinde knapp vor dem Ausbruch der Gla ubensspaltung. An der Spitze der Gravamina steht dus System der Stellvertreter, die den Pfarrert, gr oßes Ab- nentgeld zu erlegen haben und s ich mit Seelschatz schadlos halten . Daran reihen sich di e besondere Besoldung aller Dinge, besonders der Predigt, Sammlung von Suhätzen, üppiges Leben mit den Köchinnen, Härte gegen die Hausarmen. Zur seelsorglich en Betreunng bemerkt die Kampfschrift: ,,Sie weiden uns mit der 'We ide, die sie, wenn sie an nn serer Stelle wären, uicht essen möchten." Czer ny, a. a . 0., S. 110 !. ') J,in zer Landesar •hiv, Annalen, lld . I, BI. 371 ff.

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