Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

361 Auch unter den Adelskirchen stufte sich die Bedeutung ab. Den ersten Platz nahmen im allgemeinen die A d e 1s k i r c h e 11 i m U m- k r e i s e d e r 1a 11 d e s f ü r s t 1i c h e 11 S t ä d t e ei11, da sie den Bürgern als Ersatz für die entzogenen Stadtkirchen die11ten. Jede Stadtpfarre wies ei11 Netz vo11 Filialen mit U11terfilialen, Neben- und Zukirche11 auf. Dazu kamen die Schloßkapelle11 der umliegenden Burge11 Ulld Edelsitze. Mit der Abschaffu11g der AC in den Städten war daher das Reformationswerk kei11eswegs verrichtet, die protestan- tischen Bürger hatten nur ei11en lä11geren Weg bis zur nächsten Adels- kirche zurückzulegen. Daher der Kampf gegen den „Auslauf" und die überwachu11g von Straßen (z . B. Linz- Ottensheim). Ohne Zweifel ver- dankt manche dieser Kleinkirchen ihre Bedeutung mehr dem Kampf- willen ihres Besitzers als den Bedürfnissen der Seelsorge. Ei11zelne Adelige setzten den Krieg, den sie in den Städten verloren hatten, auf diesen Schauplätzen fort. Der Lärm war manchmal größer als die Be- deutung der Sache. Doch waren das Ausnahmen. Der Zustrom zu diesen Adelskirchen und noch mehr die Verrichtung der wichtigsten seelsorglichen Handlu11gen daselbst zerriß das Pfarrgefüge, zerstörte die Rechte und Gerechtsame der Pfarren und verödete die Haupt- kirchen. In den Wirren der Glaubensspaltung, die den Verfall und die Um- lagerung kirchlicher Rechte außerordentlich begünstigte, hatte der Adel sei11en Einfluß auf dem Gebiete der L e h e n s c h a f t u n d d e r g e i s t 1i c h e n V o g t e i mächtig ausgedehnt. Die Rudolfinische Re- ligionspolitik strebte die Wiederherstellung des früheren Besitzstandes an und leitete die bekannten hartnäckigen Rechtshändel zwischen der Regierung und dem Adel ein. Tatsächlich bildeten die Rechtsansprüche jeder größeren Herrschaft in dieser Richtung ein so verschlungenes, vielfach zusammengesetztes und teilweise unlösliches Gebilde, daß diese in der Natur der Sache begründeten Schwierigkeiten von den Verschleierung·en, absichtlichen Verdunkelungen und Rechtskniffen, deren sich die im Posseß befindlichen Adelig·en bedienten, auseinander- gehalten werden müssen. Rudolf selbst hatte 1598 die Reformations- kommission angewiesen, zwischen strittigen Vogteien und Pfarrlehen- schaften, undisputierlichen Pfarren und von Landleuten gekauften Pfarren zu unterscheiden. Die erste Gruppe wurde auf den Prozeßweg, die dritte auf eine U11tersuchung verwiesen. Zu den undisputierlichen Pfarren rechnete der Kaiser die erst seit Menschengedenken tatsäch- lich oder u11ter dem Scheine der Vogtei angenommenen Kirchen. Der Kaiser hob hervor, daß bisher viele Verkäufe zum Nachteil des geist- lichen Standes vorgekommen seien. Der Adel hatte also die durch die Religionskonzession gewährte Rechtsgrundlage (,,die auf dem Lande zugehörigen Kirchen") stark erweitert. Rudolf forderte den Nachweis des Kaufes vom Besitzer u11d die Rückgabe aller nur durch tatsächliche Aneignung oder unter dem Titel der Vogtei erworbe11en Kirchen. Nach der kaiserlichen Auffassung erlosch die „Zugehörig- keit" außer unvordenklichem Besitz, rechtmäßigem Kauf und wohl, aus der Nichterwähnung zu schließen, außer der Erbvogtei. Diese Ent-

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