Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

356 5. Freistadt. Die Stadt hatte am 5. Dezember 1597 den von der Reformations- kommission verlangten Revers gefertigt und am nächsten Tage Löbl eine Erklärung abgegeben. Nach der Ansicht der Bürger waren sie binnen zwei Tagen um Kirchenordnung, Schule und Patronatsrecht ge- kommen. Eine „Vorstellung" an die wahrscheinlich schon abgereiste Kommission vom 9. Dezember und eine Petition an den Kaiser zu Be- ginn des nächsten Jahres suchte die Folgen der Unterwerfung zu mil- dern. Wie die übrigen Städte suchte auch Freistadt die Religionsrefor- mation durch Auslauf zu umgehen. Mit Vorliebe suchten die Frei- städter den Schloßprädikanten des Herrn von Zelking auf Schloß Weinberg und die von protestantischen Pfarrern versehenen Nach- barorte L a s b e r g und S t. 0 s w a l d auf. Als Dechant Erasmus Eberwein die Geistlichen dieser drei Orte nach Freistadt zitierte, fragt e Hans Wilhelm von Zelking bei Löbl an, ob der Dechant wirklich in seinem Auftrage gehandelt habe 349 ). Wegen der Beanspruchung der Genannten durch die_ Freistädter entschuldigte sich Zelking mit der Bemerkung, er könne nichts dafür, wenn die Bürger diese Prediger aufsuchten. Der Bericht der Reformationskommission scheint gut aus- gefallen zu sein, denn auf der mehrfach erwähnten Ständetagung Ende Dezember 1598 wurde unter anderem Freistadt wegen seiner Revers- leistung Wels und Steyr als Beispiel vorgehalten. Von wahrer katho- lischer Erneuerung war jedoch keine Rede, die Freistädter mieden den katholischen Gottesdienst. Aus einer Protestschrift der Stände von 1600 ist zu ersehen, daß Löbl den Besuch der katholischen Kirchen den Städten ohne Ausnahme, und zwar bei einem Pönfall von 100 Dukaten dem Bürgermeister und Richter, von 50 Dukaten den Ratsbürgern und bei 20-30 fl. oder bei Abschaffung dem gemeinen Bürger vorschrieb. Die Städte hoben die Auswanderung der eingewanderten protestanti- schen Bürger, die Unterbrechung der Aufnahme neuer Bürger (früher 50-80 jährlich) und die Untauglichkeit der neueingesetzten Träg·er von Stadtämtern hervor. über Kirche und Schule hatte die Religionsreformation Unruhe gebracht. In der ersten Hälfte des Jahres 1599 nahm Dechant Eber- wein Urlaub" 50 ). Es folgte ihm Georg Bucher, der sich bereits 1600 Dechant nannte. Da er vergeblich die Kirchenschlüssel der Frauen- kirche, der Johanniskirche und der Hl.-Geist-Kirche forderte, zitierte Löbl Ratsvertreter auf den 18. Mai nach Linz. Der Stadtschreiber be- richtete, daß der Landeshauptmann die Überantwortung der Schlüssel zu den drei Kirchen, die Ausfolgung der Stiftbriefe und Urbare, die Wiederaufrichtung des Sakramentshäuschens und die Rückg·abe der Kirchenornate vorgeschrieben habe. Am 26. Mai befahl Löbl den Frei- städtern bei 300 Dukaten Pönfall die Beteiligung an der Fronleich- namsprozession und am 7. Juni bei 200 Dukaten Strafe die Abschaf- 349 ) Schreiben vom 27. Mai 1598. Jäkel, Zustände in Freistadt, 1. Teil, S. 29 . " 0 ) Am 19. Februar 1599 wurde der Iumanu Prandiß wegen eines Pasquills auf Dechant Eberwein mit acht Tagen Gefängnis gestraft.

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