Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

350 Ratsherren konnten die Kommissäre und der Klerus die Stadt verlassen und sich nach Garsten begeben, wobei gegen den nachdrängenden Pöbel die Schlagbrücke aufgezogen wurde. Auch diesmal blieben die Anstifter unbekannt. Die protestantische Stadtschule war mittlerweile geschlossen worden. Ähnlich wie in Linz setzte nun auch in Steyr der Auslauf nach Losensteinleiten, Stadelkirchen und in andere Adels- kirchen ein. Eine Interzession der Landstände rettete einstweilen die r o; Stadt vor dem hohen Pönfall (8000 Dukaten)9, den Löbl am 3. Mai - // J 1599 für verwirkt erklärt hatte"ry. Im Jahre 1600 untersagte die niederösterreichische Regierung die Ratswahlen und bestätigte den früheren Rat. Wiederholte Dekrete von Linz und Wien verboten den Ausgang zu fremder Seelsorge, Haus- predigten und die Übertretung des Fastengebotes. Eltern, die ihre Kinder in Losensteinleiten und in Stadelkirchen taufen ließen, wurden nach Linz, der Spitalobmann, ein alter Schneider, wegen Vorlesung protestantischer Predigten nach Wien zitiert. Abordnungen nach Prag erwiesen sich als fruchtlos. Im April wurde einigen Ratsmitgliedern -1~ in Linz der neue Prediger, Dr. Rueff, vorgeste11t=r. Obwohl ihnen Löbl die Erlaubnis, Ungehorsame zu henken, zugesichert und Überwachung angekündigt hatte, ließ der Predigtbesuch alles zu wünschen übrig. Am 7. August forderte Löbl vom Stadtrichter und von vier Stadträten den Pönfall und einen Reformationsrevers und gab die Deputierten, welche , ~ beides verweigerten, erst gegen eine Kaution frei•~ - Die Steyrer er- achteten sich dadurch der 8000 Dukaten für überhoben. Die Lage in Steyr blieb trotz aller Reformation für den· katho- lischen Klerus so kritisch, daß der 1601 eingesetzte Stadtpfarrer Jo- hann Widersperger nur an einigen Sonntagen Messe las und sonst in Garsten blieb. Zu einem Ausbruch des religiösen Fanatismus kam es bei der Ma r k u s p r o z e s s i o n der Garstner und Aschacher nach Steyr. Dieser erste ,.Kreuz- oder Fahnengang" war für die Steyrer „gleichsam ein neues Wunder". Vor dem Gilgentor in Steyr fielen Handwerksburschen und einige herrenlose Soldaten die Prozession mit Steinwürfen an und zersprengten sie. Pfarrer Widersperger wurde durch einen Stein am Kopf schwer verletzt und trug ein dauerndes Leiden davon, ein Junge erhielt gleichfalls eine schwere Verwundung, ein Konventuale stürzte in die Enns, wurde aber gerettet. Die Fahnen wurden zerrissen, die Holzkreuze zerbrochen und mit Füßen getreten, die liturgischen Bücher zerstreut. Die Täter blieben wieder un- - /J/) erkanntffil). Der Eindruck dieses Überfalles war so nachhaltig, daß Löbl den Abt Alexander von Garsten energisch zur Neubesetzung von Steyr auffordern mußte. Der Magistrat und ein Bürgerausschuß·wurden 1 "J H>!') Das Schreiben vom 8. Mai 1599 in den Annalen, Bd. XXIX, BI. 194. ,, } ,,.._.) Das Schreiben vom 3. Mai an Steyr ebenda, BI. 192. '"-') -) Er war von Alexander von Garsten berufen worden. Lindners Annalen, s. 72. , J.I _,,. Prevenhuber, S. 329. ✓; &t•) In der Sache stimmen Prevenhuber und Lindner überein. Der Garstner Ho richter, Ambras Stainer , zeigte am 26. April 1601 den überfall Alexander a Lacu in Linz an. Garstner Akten, Bd. LXX.

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