Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns
4 hängen mit dem höchst verwickelten und nocb irumer nicht ganz ge- klärten geschichtlichen Werdegang des Landes ob der Enns zusammen~). Im Zeitalter der ständischen Machtfülle brach der Kampf nach dem Tode Maximilians I. 1519 mit ganzer Schärfe aus und beherrschte im Jahrhundert der Glaubensspaltung· bis zur großen Entscheidung von 1626 im Laude ob der Enns alle Handlung·en der Landstände. Di e Ent- scheidung von 1634, das Land ob der Enns sei kein eig·enes Land, son- dern nur ein „Landl", wirkte sieb bis zum Zusammenbruch der öster- reichisch-ungarischen Monarchi e aus. Bis 1918 bildete das Land unter und ob der Enns e in Erzherzogtum, aber mit zwei Vertretung·s- körpern. Die Tragweite dieses Sachverhaltes wurde erst in neuester Zeit erkannt, die entscheidenden Auswirkungen des Rechtsstreites auf die Religions- und Konfessionspolitik der Landstände im Zeitalter der Glaubensspaltung sind bisher kaum bemerkt, viel ,veniger erforscht worden. Und doch verbreitet dieser Umstand, der für andere Länder g·ar nicht bes tand, über di e inneren Vorgänge in der Landschaft, über die Vorg·eschichte nnd die Hintergründe manc,her sonst unerklärlichen Handlungen allein das notwendige Licht. Man fragt s ich, wie kann ein so g·ewichtiger Umstand, fall s er wirklich bes tand und nicht etwa emporgemacht wird , der Forschung· solange entg·angen sein? Di e Ant- wort auf diesen berechtigten Einwand führt auf einen zweiten Um- stand, der klar zeigt, wi eso man von einer besonderen Lage im Land e ob der Enns sprechen darf. Im Lande ob der Enns tritt die Glaubensspaltung anläßlich der ersten B au e r n e r h e b u n g in das volle Licht der Geschichte. Im Jahre 1525 lag di e relig·iöse Frag·e bereits auf dem Verhandlungstisch der Landstände. Wi e Blitze schlugen Luthers Lehren in den Zündstoff langjährige r unerl edigter religiöser und kirchlicher Forderung·en. Die gewaltigen Spannungen der Zeit, Verbitterung und Hoffnung, Haß und Liebe, Ra.chegefühl e über wirklich oder vermeintlich mit Filßen ge- tretene Menschen- 1111d Chri stenrechte, lagerten auch über dem Laud e ob der Enns, erfüllten di e Menschen mit tiefer Erregung uncl mit der Erwartung· einer nahen Verändenmg· der geistlichen und weltlichen Ordmmg. Die Geister wa,ren auf, und zwar nicht di e wetterwendischen Geister der Nervosität, sondern der Sinn und das Empfinden eines trotz vieler Enttäuschungen tiefgläubigen Volkes. Ahn und Urahn hatten bei der Arbeit und in der Stube, auf dem Kirchgang und in der Taverne von Mißbräuchen und bösen Zuständen gesprochm1 uncl nach Besserung ausgeschaut. Von Reichstagen draußen und von den Landtag·en daheim redete sich ein Wort herum, Reform an Haupt und Gliedern, aber die Verbesserung blieb immer wieder aus. Man stürmte den Himmel. Wer sieht nicht, daß in der großartigen Stiftungstätigkeit in der Zeit zwi- schen 1450 bis 1520 auch ein gewaltiges Stück williger Bußgesinnung steckte, di e sich ein g·utes geistliches und weltli ches Regiment erflehen wollte. Es bli eb alles beim alten. Doch flogen da und dort, in den Städten voran, Funken neuer r eligiöser Ideen in di e horchende Meng·e ') Strnadt J., Die Goburt des Landes ob der Enns: Lohninger ,J., Oberöste r - reichs Werdegang; Zibermayr I., Das Oherösterreichische Lundesnr c:hiv in Linz.• , s. a. rr.
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