Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

• 301 Bibls, Die Religionsrefonnation K. Rudolfs IJ. in Oberösterreich 08 ) , die als Hauptquelle Hs. 149 der Aichenschen Sammlung im niederösterrei- chischen Landesarchiv benützte. Diese Handschrift enthält den zwi- schen den obderennsischen Ständen und der Regierung von 1598-1604 geführten Schriftenwechsel ziemlich geschlossen in tadellosen Abschrif- ten. Es besteht für mich kein Zweifel, daß Hs. 149 das vorläufig ver- schwundene Religionsbuch ausgeschrieben hat, sodaß der Verlust dieses Kodex weniger fühlbar ist. In vielen Fällen ist dagegen das Material entwede r vern ichtet worden oder so in alle Winde zerflattert, daß diese Zerstreuung praktisch einer Vernichtung gleichkommt. Dies gilt vor all em für die so oft erwähnte „v e r trau l i c h e K o r r e- s p o n d e n z" der Stände mit den Ständen der Nachbarländer oder mit ständischen Gesandten . Sie war entweder an die Verordneten, noch häufiger an ein Adelsmitglied des Verordnetenkollegiums oder an den Landschreiber g·erichtet. Nicht umsonst betonen Bischof Urban und Klesl gerade di e entscheidende Wichtigkeit der Landschreiberei, Solche Schriftstücke nahmen die einzelnen Adeligen nach der Gepflo- genheit der Zeit mit heim anf ihre Schlösser und verwahrten sie in ihren Schloßa.rchiven, wenn sie nicht gefährliche Sachen sofort vernich- teten. Die Nachforschung hat sich also in der Richtung der Adels- archive der führend en Männ r, das ist der Landeshauptleute, der Ver- ordneten und einzelner besonders hervorragenden Gesta lten zu be- wegen. In den Beständen dieser Archive, die selber meist eine. ver- wickelte Geschichte haben unrl vielfach z11 grundegeo·angen sind , ver- kauft oder in alle Winde zerstreut wurden , dürfte sich noch wichtig·es Material zur Reformationsg·eschichte finden. Diese Adelsarchi ve haben ihr Seitenstück in den Klosterarchiven, vor allem im Prälatenstands- archiv im Stiftsarchiv Kremsmünster, dann in den Akten über führende Prälaten, zum Beispiel über · Abt Burkhart im Lambach er, über Abt Alexander im Wilhering-er Stiftsarchiv. Ich hege die Überzeugung, daß gerade die Religionspoli tik der Landstände in den Jahren 1525-1602 auf Grund des vorhandenen Materials im wesentlichen ziemlich voll- ständig· und einwandfrei dargestellt werden konnte, sodaß spätere Funde Ergänzungen, wohl aber kaum ganz neue Gesichtspunkte zutage fördern werden. · Ungleieh schwieriger g·estaltet sich uie kritische Ben ü t- z u n g des vorhandenen Materials. Man hat zuerst den Unter- s c h i e d z w i s c h e n P a p i e r u n d L e b e n zu beachten. Der immer mächtiger anschwellende Aktenwust darf nicht zur Ansicht ver- leiten, diese papierene Welt sei die Welt von damals gewesen. Ent- scheidende Dinge spielten sich neben den Akten und ohne Schriften- ni ederschlag ab. Wesentliche Besprechungen und Abmachungen erfolg- ten nur mündlich, wiederholt wird hervorgehoben, man habe dem Boten die Nachricht nur mündlich mitgeteilt. Der Empfang· solcher Geheim- nachrichten wurde gewöhnlich mit der Wendung bestätigt, man habe wohl verstanden, was mit dieser Nachricht gemeint sei, und bedanke sich dafür ganz freundschaftlich . Allgemeine Erörterungen und Neben- 08 ) AöG., Bd. CIX , 1. Hiilfte (1921), S. 373 ft und SA.

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