Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

275 Österreich überhaup t . Der Name und die Gewalt des Ordinarius seien hier erloschen, übrig nur mehr die Weihe der Priester und Kirchen. Unter dem Schutz des Hofes habe die Freiheit im Klerus überhand- genommen. Die Geistlichen hielten offene Heiraten, ihr Anhang und ihre Kinder gälten für eheli ch. Die neue Lehre habe wie ein Krebs mn sieh gefressen. Dann verwies Klesl auf die Fälle von Sierning· und von Windischgarsten und beklagte, daß die Kommissäre in Linz vorwiegend die Beschwerden der Bauern g·eg·en die weltlichen Obrigkeiten behan- delten, obwohl das g·anze Mühlviertel nur der Religion halber tumul- tuiert sei. Die Grundursache der Erhebung, die Häresie, müsse zuerst beseitigt werden. Es sei nicht g·enug, die Bauern all ein zu stillen, es m ü s s e g l e i c h z e i t i g d i e R e 1i g i o n s r e f o r m a t i o n e i n- g e f ü h r t, durch Generale veröffentlicht und mit Ernst durch- geführt werden. überall und vor allem müßten die Prädikanten und die Synagoge zu Linz und in allen kaiserlichen Städten und Märkten gestürmt, di e Prädikanten für immer aus allen Erblanden abgeschafft werden. Ein unkatholisches Exerzitium dürfe weder in Linz noch in anderen Städten und Märkten ob und unter der Enns gestattet werden. Zur Dämpfung des Aufstandes empfiehlt Klesl fremdes Kriegsvolk. Da das Landvolk in Salzburg und Bai ern denke wie die österreichischen Bauern, und da P assau verschuldet sei, mögen 4000 Mann italienisches Kriegsvolk vom Papste angesprochen und einen Monat vor ihrer Ver- wendung in Ungarn im Lande abgesetzt werden. Die Rädelsführer mö- gen ausgehoben, die Untertanen vereidigt, die Prädikanten und Apo- staten in Wien abg·estraft werden. Bei weiterer Ausübung der Ketzerei erfolg·e sofort die Exekution . Wolle jedoch der Kaiser auf päpst- liche Bezahlung lieber Wallonen , so seien sie Klesl lieber als die Wäl- lischen. Gehe der Kaiser jetzt gegen die Bauern vor, könnten sie von den Türken Hilfe erhalten . Daher müßten die Bauern jetzt mu· auf- gehalten und die Zeit bis zur Hauptexekution hingezogen werden. Her- nach könne der Handel einigen protestierenden Kurfürsten und Fürsten a.ngezeigt werden . Wie diese in ihren Ländern kraft de. Religions- friedens alle Katholi schen ausrotteten, so werde er (der Kaiser) in seinen Ländern nur die katholische Religion dulden und dem Ordina- rius die Reformation und Visitation des Klerus gestatten. Versäume man diese günstige Gelegenheit, werde nie Ruhe eintreten, vielmehr seien jeden Tag neue Aufstände zu befür chten. Die Linzer Verhancllungen hatten kein greifbares Ergebnis ge- zeitigt. Durch den Aufstand der zwei oberen Viertel in Österreich unter der Enns geriet die Regierung in ernste Sorge, es könnte da s ganze Land aufstehen und sich mit den „Oberennsern" und mit den Holz- knechten beim Salz- und Eisenwesen verbünden. Am 4. Februar 1597 ersuchte Rudolf den Passauer Ordinarius dringend, die Rebellen nicht mit Proviant, Munition und Pulver zu untersti.itzen° 8 ) . Zweimal bat der Kaiser, einmal baten die obderennsischen Verordnrten 60 ) um nachbar- • 6 ) Das Schreiben Rudolfs II. au llischof Urban ist vom 4. l!,ebruar 1597. "J Das Sc.Jireiben cler obderenusiscllen Verordneten i8l vom G. Februar 1597 datiert. 18*

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