Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

239 Am 19. Juni zog ein großer Volkshaufe vor den Pfarrhof und überreichte Tätenpeck ein „Bittschreiben" zur Weiterleitung. Der Pfarr er hieß die Leute eine Stunde warten, ritt aber heimlich zum Stadel hinaus und entfloh 21 ) . Tätenpeck erstattete in Steyr und beim Abte von Garsten uncl beim Propst von St. Flori an weg·en Mitbeteiligung ihrer Untertanen die Anzeig·e. Der Fall wurde untersucht und am 23. Juni der Reg·ierung Beri cht erstattet. Am 12. Juli gab Erzherzog Matthias dem Landeshauptmann die Weisung, dem Burggrafen von Steyr und seinem Rentmeister 22 ) einen Tadel auszusprechen. Die Lehen- schaft von Sierning gehöre zu Passau, die Vogtei durch die Herrschaft Steyr dem Kaiser. Die Angelegenheit werde an den Kaiser gehen. Der Pfarrer sei aller aufgedrungenen Pflichten ledig und müsse g·eschützt werden. Die Rädelsführ er 23 ) seien zu verhaften uncl nach Linz zu stellen. Zum Schutze der Zehentfechsung und zur Aufnahme cl er Zechraitung seien der Landrichter und de r Pfleger des Linzer Schlosses mit Be- gleitung abzuordnen. Der Landrichter habe ein offenes Mandat für alle Gemeinden und Dörfer der Pfarre Sierning· zu veröffm1tlichen"). U-egen alle Maßnahmen stand der Sierninger Bund fest zusammen und der Vorfall zog immer weitere Kreise. Der Flori aner Hofrichter mußte di e verhaft eten Untertanen wieder freigeben, der Abt von Garsten wurde am 26. Juni durch den Aufzug von 300 Bewaffneten gezwungen, das gleiche zu tun 20 ) . In L o s e n s t e in setzten di e Garstner Untertanen, die nur mehr bewaffnet in der Kirche erschi enen, einen protes tantischen Pfarrer ein" 0 ). Ein großer Haufe aus Weyer , Gaflenz und aus dem Gebirge rottete sich zusammen und verla ngte vom Abt von Garsten die Freilassung des eingezogenen Pfarrers von W e y e r 2 } Noch kämen sie mit einer Bitte, hülfe sie nichts, würden einige Tausende vor das Kloster kommen 28 ) . Das ganze Ennstal bis nach Steiermark hinein ge- riet in Aufruhr. Der lutherische Adel, den die Sierninger um Hilfe angegangen hatten, befür chtete nicht nur eine allgemeine Erhebung·, sondern böse Weiterungen am Kaiserhofe und schritt unverzügli ch zu einer diploma- t ischen Akti on. Dem P rälatenstand warf er vor, sein Plan sei wider 21 ) Tätenpe<Jk erklär te sp üte r , <l i e Ba uern sei en in den Pfarrhof ei uge- drungen, hätl' en da R Unter s te zu ober s t gekehrt und ihn verjagt . Die Sierninger meinten da.gegen , s ie h ätten ihn nicht fiir e in en Hil-ten geha lten , der ohne a ll e Ur sa che von se inen Scha f en entfl ieh e. ") Kies! beh aupte t e späte!' , Ren tmeister Sehmi tlauer ha be a lle Befehl e bei - seitegeset zt und den Re bell en U nter schl eif gegeben . Ha nuner-Pu1·gstall , Kl esl s Leben, Urkundenba nd, S. 118. '") Ha ns Ka i11rn cl l, Me ier zu S ierninghofen , 1111<1 uer Losen stei11 scll e Unter- t ane Huber zu Gn ner sdor f . 24 ) Abschrift des Befe hls vom 12. Juli 1588 im Li11 zer O.rdinari atsar dliv, PA. , l!"asz. S ierniug, Dort mit unri chtigem Dat um 1586. ") Ann a len , Bel . XVIII, BI. 398. 26 ) S tülz J ., S t . Flor ian, S . 104. ") Es wa.r e i11 eh ema li ger katholischer Pri ester. I u Gafl en z wirk t e der ehema lige Gars tner Konven t ua l e P etr us Preu e1· . Schiffmunn K ., Di e Annal en des Wolfgang Lindner, AGDJ,., Bd . VI u . VII (1910) , S . 16. •B) Das Origin a l vom a. Juli 1588 m it 15 Si egeln i1n St iftsarehi v S t. F lori an . Vergl. Ann a len , Bd . XVIU , lll . 3!!4.

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