Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

234 Bauernkriege im Lande ob der Enns e i n Begriff geworden, zum Schaden der Erkenntnis beider. Tatsache ist, daß sie neben- und mit- einander auftraten. Tatsache ist die gegenseitige Beeinflußung, aber beide Bewegungen haben verschiedene Wurzeln und ihr Anteil an den verschiedenen Erhebung·en ist durchaus ungleich. Es sei erinnert an den schweren innerösterreichischen Bauernaufstand des Jahres 1515, also vor Ausbruch der Glaubensspaltung·, der rein wirtschaftlicher Natur war. Das gleiche gilt vom ersten obderennsischen Bauernaufstand 1525, das „reine Evang·elium" trat erst am Schluß hinzu. Der zweite Bauern- aufstand des Landes ob der Enns 1594-1597 begann im Mühlviertel mit einem Sturm gegen die katholischen Pfarrer, warf aber im Landl den Kirchenmantel so g-ründlich ab, daß protestantische Herren das Feuer dämpften. Ja sogar der dritte Bauernkrieg von 1626, bei dem der konfessionelle Einschlag· bedeutend überwog, ist keineswegs ein- fach auf einen religiösen oder kirchlichen Nenner zu bring·en. Wer die auf Österreichs Untergang abzielenden hochverräterischen Ziele der Ständepolitik vor 1620, Baierns Streben nach dauernder Aneignung des ehedem baiuvarischcn Bodens im Lande ob der Enns und den Weiter- bestand ärgsten wirtschaftlichen Druckes übersieht, greift in der Be- urteilung dieses denkwürdig·en Krieges daneben. Die regierungstreue Haltung des größten Teiles des protestantischen Adel während des Bauernkrieg·es sollte zu denken geben. Es sind also trotz der viel- fältigen Beziehungen und Verflechtung der relig'iösen und der sozialen Bewegung diese beiden dunhaus auseinande rzuhalten. Die katho- lische und die protestantische Seite suchten diesen Sachverhalt zu illren Gunsten auszunützen und es mußte daher schon damals zu einer Erörterung der Schuldfrage hinsi htlich der V rursachung der Bauern- erhebungen kommen. Die Prälaten warfen dem Adel vor, daß er die Bauern g·egen sie aufg·etri eben habe, der Adel bezichtigte die Prälaten, sie hätten durch die ungeschickte Religionsveränderung· das Wohl des Landes auf das Spiel g·esetzt. Beide Teile zogen einleuchtende Beweise an, bejahten aber gemeinsam die wirtschaftlichen Übelstände und die soziale Notlage der Bevölkerung. Es genügt, zur kritischen A1tffassung des zweiten Bauernaufstandes, des in wirtschaftlicher Hinsicht weitaus b1::merkenswertesten, auf zwei Tatsachen zu verweisen. Erstens gingen Prälaten und Adel, trotz der verschiedenen Bekenntnisse, als Grund- herren gemeinsam g·egen die Bauern vor. Zweitens sympathi sierten die überwi egend protestantischen Städte keineswegs mit dem luthe- rischen Adel, sondern sie erblickten in den Aufständen soziale Kämpfe zwischen den Grundholden und den Grundherren. Gerade diese Arbeit will keineswegs den großen Anteil der religiösen Frage an den Zeit- vorgängen verkleinern, noch weniger die persönlichen Opfer der Zeit- genossen für die religiösen Bekenntnisse abschwächen, doch wäre der konfessionelle Gesichtspunkt allein irreführend. Es handelte sich nm soziale Kämpfe, die im Zeitalter der Glaubensspaltung so wie alle übrigen Kämpfe vorwiegend unter konfessionellen Gesichtspunkten und in konfessionell en Uniformen geführt wurden.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2