Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

232 sierung nicht am Platze. Das Volk , Lia s ni cht durch allgemeine Schul- und Heerespflicht zu einer gewissen Staatsauffassung herangezogen war, stellte weithin einen natürli chen Wildwuchs dar, war mißtrauisch , leicht aufgeredet und, wenn im Kern seines reizbaren Gemütes ge- troffen, wie rasend. Die Ursachen der andauernden Lastensteigerung lagen t eil s zutage, teils entzogen sie sich der Wahrnehmung. Gerade die letzteren mußten unheimlich wirken, Unbehagen, Angst und Zorn erzeugen. Wir sehen heute klar, daß damals eine alte Wirtschaftsform, di e Naturalwirtschaft, versank und die Geldwirtschaft ihren Siege ·zug über die Welt antrat. Beide Teile, Herrschaft und Holden , waren von den Auswirkungen dieses gewaltigen Vorganges umgarnt und konnten sich ihrer nicht erwehren. Die Lasten und Leistungen der Untertanen stiegen, viele Kl einherrschaften verarmten. Dazu kam die außerordent- lich starke Inanspruchnahme der Länder durch di e Bedürfnisse des Hofes und durch die TürkenJniege. Die leidenschaftli che Konfessions- polemik und die vielfach hemmungslose Aufreizung lenkten die Er- regung des Volkes nach der Seite des schwächeren Widerstandes, das war die Kirchenfrage. Sie war, von der sozialen Seite betrachtet, Be i- mischung·, die den Gang· der Entwicklung stark beeinflußte, nicht aber die ursprüngliche nnd di e tiefste Wurzel der sozial -revolntionären Be- wegungen. Einer Geschichte des Bauernstandes oder gar einer allgemeinen Wirtschaftsgeschichte des Landes ob der Enns stellen sich außerordent - liche Schwierigkeiten entgegen. Trotz wertvoller Vorarbeiten steht di e Herausgabe der meisten Salbücher und Urbare, besonders der Herr- schaftsurbare, noch aus '). Ein Blick in ein einziges Herrschaftsarchiv, z. B. in das Fürst-Starh emberg·ische Zentralarchiv in Eferding, zeigt, wieviel ungehobene Schätze an Urbaren und Wirtschaftsbüchern dort lieg·en. Und doch müßten wenigstens die größten Herrschaftsgebiete einma l durchg·earbeitet se in , bevor auf dieser einwandfreien Grundlage an eine kritische Überprüfung· der wirtschaf tlichen Gravamina der Bauern herangetreten werden kann~). Das erhaltene umfangreiche Aktenmaterial darf nur als Anklage und als Verteidigung aufgefaßt werden, erst der Zusammenhalt und di e sorgfältige Verg·J eichung führt zu einem annähernd richtigen Bild"). Es müßte ferner der finanzielle 1 ) F ii r das Land ob der Enns se ien gc11au11t Dopsch A., Die landesfürstlich en Urbare Nieder- und Oberösterrei chs ans dem 13. und 14. J ahr hnudert. Schi ffrnau n K., Die mittelalterlichen Stiftsurbarc des Erzherzogtums Osterrei ch oh der Enns, vier Bände, Acblentlrner L., Da s ä l tes te Urbar ium von Kremsmiiuster, Grilln- berger 0., Das älteste Urbar des Zisterzieuserstiftes Wilhering, L111B.• Bel. LIV (189fi), S. 121 ff. Als Beispiele von Einzeluntersuchungen seien nngefii hrt Trinks E., Da s Leonfeldner Urbar, ,JRoöM. , Bd. LXXXIV (19ß2), S. R09 fl'., und Berlinger ,T.. Das Pfaffeuba nernamt, Heimatgaue, Bd. VI (1925). S. 199 ff. Weitere Literatur bei Commenda und Straßrnayr. ') Auf dieses Gebiet, das so enge mit der Heimutkn11de verbunden ist, se ien di e a 11gehenden Historiker und Heimatku11dler mit Nachdruck verwiesen. 3 ) Wie schwierig das ist, zeigt die ausgezeichnete Arbeit A. Czernys. JJer zweite Bauernaufstand in Oberösterreich. Huber A. Ragt in der Geschichte Oster- rei chs, Bd. IV, S. 297, Anm. l , daß sich der Verfasser in der Benrteiluug etwas rn ~eh r auf die Seite der Grundh err en gestellt bnl.Jen diirfte.

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