Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

226 verpönt, Habsucht, Simonie und Zinsnahme seien dem Kleriker fremd. Strenge fli ehe der Geistliche die Unkeuschheit, verdächtige Frauen ri1ögen entfernt und keine Scheinehen geschlossen werden. Die kleri- kal e Tracht weise keinen lächerlichen, unschicklichen, verkürzte und enganliegende Kleidungsstücke auf, Ketten, Hals- , Hand- und Arm- bänder sind unziemlich. Zuhause benütze der Kleriker ein Kleid, das über die Arme und Knie gehe, in der Öffentlichkeit einen Talar. Leicht- fertige gekräuselte und gefältelte Wäsche möge der Kleriker nicht trag·en, der obere Teil sei ganz offen, damit er über dem Hemd offen und leicht gesehen werden könne. Der Geistliche trage nur schwarze Schuhe und Stiefel und führe keine Waffen (Schwerter, Dolche, Lanzen, Prügel, Büchsen) . Der Pfarrer soll die einzelnen Pfarrkinder beim Namen nennen können und hat ein Verzeichnis der Gläubigen, ein Tauf-, ein Ehe- und Totenbuch zu führ en und einen Katalog der Osterpflichtigen an- zulegen. Als Mittel der Seelenführung werden Hilfeleistung, Rat, Unter- richt, Belehrung, Mahnung und Tadel aufgezählt. Der Religionsunter- richt bringe der Jugend die Grundlag·en des Glaubens bei, an Sonn- und Feiertagen möge eine Christenlehre nach Cauisius oder nach dem kürzlich erschienenen Passauer Katechismus gehalten werden. Größte Mühe gebe sich der Pfarrer mü der Rückführung der Häretiker und der Schismatiker. Die Kontroversdogmen mögen volkstümlich be- handelt, die katholische Wahrheit aus dem Worte Gottes, aus dem ·Alter und der Übereinstimmung der orthodoxen Väter aufg·ezeigt wer- den. Die Halsstarrigen sind zuerst dreimal mit Milde daheim zu er- mahnen, dann mit Drohuug·en anzufahren und dem Bischofe anzuzeig·en . Mit größter Wachsamkeit achte mau auf den Abergfauben, daß nicht Männer, Frauen und Vetteln aberg-läubische Gebräuche, Bezauberungen und verbotene Heilmittel für Mensch und Vieh verwenden. Bei Über- t retung der Kirchengebote erfolge die Anzeige an den Ordinarius ohne . Rücksicht auf die Person, Geistliche mög·en in der Beachtung· derselben ein gutes Beispiel g·eben. Kirchliche Einkünfte oder Güter dürfen ohne bischöfliche Zustimmung· nicht veräußert werden. Die Benediktionen (Salz- und Wasserweihe an Sonntagen, Kerzenweihe, Aschenweihe, Palmweihe, der Weihesegen am Johannistag und bei Hochzeiten, die Benediktionen am Ostertag·e) mögen ni cht unterlassen werden. Nach löblicher uralter Sitte geschehe die Vorsegnung der Wöchnerin mit dem Kinde. Allgemein werden für die Pfarrseelsorge Wachsamkeit, Eifer und Liebe empfohlen. Da in Stadt und Land Leute ohne Priester und ohne Kreuz und Licht begraben werden, wird die Einsegnung jeder Leiche nach der Passauer Agende vorgeschrieben. Bei Teilnahme mehrerer Priester gelten die Vorschriften der Agende über die Prozessionsordnung. In der Pfarrkirche wird nach einem in dieser Provinz immer eingehalte- nem Gebrauch Messe, Vigil und Vesper am 1., 7. und 30. Tag ge- halten. Eine etwa verlangte Grabrede meide Lobhudelei, verweise viel-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2