Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

219 der Stände, die ihren Verordneten Achtsamkeit auf überraschende Generalmandate einschärften, war die Folge. Ja, die Raffgier und das Tempo der Aneignung steigerten sich, man suchte das Erreichbare so rasch als möglich unter Dach und Fach zu bringen. Am 13. März 1590 erneuerte der Kaiser sein Dekret von 1582 und 1591 legte der Prä- latenstand über die unbekümmerten Zugriffe des Adels Protest ein. Erreicht war allerdings nur eine klare Rechtslage. i>ie Möglichkeit einer Ersitzung durch Verjährung war durchschnitten und die stille albnähliche Veränderung der Rechtsverhältnisse gestört. Alles hing davon ab, ob und wie die erste Instanz ihres Amtes waltete. Als der Kaiser im Jahre 1592 Hans Jakob Freiherrn von Löbl zum Landes- hauptmann ernannte, betrat der Mann der starken Hand und entschie- dener katholischer Reformgesinnung das Linzer Schloß. Mit ihm war ein neues Blatt der Reformationsgeschichte des Landes ob der Enns aufgeschlagen. 3. Die Kenntnis der Kräfteverteilung im bevorstehenden Entschei- dungskampfe wäre unzulänglich ohne einen Blick auf das Schrift- t u m jener drangvollen Zeit, soweit es im Lande ob der Enns eine Rolle spielte. Im Ringen der beiden Mächte um die Eroberung des Geistes bildete von Anfang an außer dem Wort der Druck die zweite Groß- kampfwaffe. Bei dieser Beschaffenheit der Zeit mußte das schöngeistige Schrifttum in den Hintergrund treten und die konfessionelle Zweck- literatur das Feld beherrschen. Belehrung und Polemik überwogen, die Muse wurde nur in ihren Diensten geduldet. Daß dieses Schrifttum im Kostüm seiner Zeit auftrat, wer fände es unbegreiflich? Wenn man sich die Mühe g'ibt, auf Holzschnitten und Kupferstichen des sechzehnten Jahrhunderts die phantastische Tracht der Landsknechte zu studieren, ist man auch über die Literatur der Zeit im Bilde. Die zerschlitzten Hosen und die gebauschten Puffärmel, die Lederwämser und die wo- möglich federgeschmückten Barette, die den martialischen Eindruck der verwegenen Gestalten und vierschrötigen Kerle herausstreichen wollen, haben ihre Seitenstücke im Inhalt und in der Sprache der zeit- g·enössischen Literatur. Der Raufdegen und die Trommel waren die Sinnbilder dieser Zeit. Im Schrifttum ist die landwüchsige Literatur von der Einfuhrsware zu unterscheiden. Für ein bedeutendes bodenständiges Schrifttum fehlten wichtig·e Vorbedingungen, das Land hatte keine Universität, keinen Fürstensitz und keine Bischofsresidenz. Zwar deckte eine Springflut auswärtiger Druckerzeugnisse das Land ein, aber das einheimische Schrifttum der Reformationszeit zwischen 1525 und 1602 ist gering an Zahl und an geistigem Gewichte. Kein klangvoller Name tritt hervor, kein Werk von Dauerwert ist zu verzeichnen. In der unansehnlichen t h e o 1o g i s c h - p o 1e m i s c h e n L i t e r a tu r überwog der Anteil der Protestanten. Der Linzer teutsche Schulmeister Leonhard Eleuthe- robius hatte 1524 mit seiner Vorrede zu Bugenhag·ens Schrift über die Sünden wider den Heiligen Geist den schrillen Grundakkord angeschla- gen, der das Jahrhundert beherrschte. Abgesehen von den Schriften

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