Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

215 liehen Lehenschaft ab . Der Sachverhalt war nicht eindeutig. Passau beanspruchte das Recht für sich und hatte unter Maximilian einen Pro- zeß gewonnen. Die Kirche sei nicht Pfarrkirche, sondern eine Filiale von Neumarkt, die Änderung des Titels in den Investituren nur zu Ehren der Stadt erfolgt. Laut Ausweis der Visitationsbücher gehöre dir Lehenschaft dem Bischofe. Dagegen beriefen sich die Freistädter auf die Reverse, in welchen die neuen Pfarrer vor der Temporalienein- antwortung Vogtei und Lehenschaft bestätigten. Tatsächlich gaben die Kirchherren, meist Passauer Domkapitulare oder Weihbischöfe, die nie in Freistadt residierten, diese Reverse, wenn auch Bischof Urban er- klärte, dies sei zu Unrecht, wider sein Wissen und seinen Willen ge- schehen. Die Schwierigkeiten vermehrten sich, da es die Pfleger der kaiserlichen Herrschaft Freistadt mit der Bürgerschaft hielten. Be- sonders tat sich Joachim Stangl als Führer des Widerstandes hervor 121 ). 1589 war mit der katholischen Vergang·enheit so gründlich aufgeräumt, daß Bürgerstöchter Haarbänder aus Perlen getragen haben sollen, die von Meßkleidern herrührten, und daß die Meßglöckchen vor den Wirts- häusern hing·en. Als Bischof Urban im gleichen Jahre den Dechant An- dreas Sturm in Passau einkerkerte und l\L Johannes Bucher in Beglei- tung· landesfürstli cher Kommissäre einführte, entstand großer Aufruhr. Noch 1597 setzte die Stadt der Reformationskommission erbitterten Widerstand entgegen und die endgültige Entscheidung zog sich noch jahrelang hinaus. W e 1 s fi el mit der frühen Hinwendung· der Pollheimer zum Luther- tum der A C so stark anheim, daß es bis zur Durchführung der Gegen- reformation fest in protestantischen Händen blieb. Die fortgesetzten Streitigkeiten zwischen der Welser Linie der Pollheimer, aus der Paul Martin im Schmalkaldner Krieg auf Seite des Kurfürsten von Sachsen kämpfte und in der Schlacht bei Mühlberg 1547 in die Hände der Kai- serlichen fiel 128 ), mit der Stadtgemeinde Wels wegen der Prediger waren eine innere Angelegenheit und wurzelten in dem natürlichen Gegensatz zwischen Schloß und Stadt auf dem Gebiete der Rechtsabgrenzung. Auch die andauernden Fehden der Predig·er untereinander sind eher als Zeichen der Stärke zu deuten, man konnte sich den Bruderkampf lei- sten. Tatsächlich hatte sich das Ministerium A C nicht nur häuslich eingerichtet, sondern alle Religionsübungen an sich gezog·en. Wenn auch die Prädikanten den g·eistlichen Stand und den Kaiser als Landes-_ fürsten noch so hoch „skalierten", der Rat blieb untätig. Die Unduld- samkeit ging so weit, daß man keinem Katholischen mehr das Bürger- r echt gönnte 120 ). G m u n d e n, der Sitz des kaiserlichen Salzamtes, war schon vor 1525 mit lutherischen Ideen durchsetzt. Bereits vor 1550 diente die Stadtpfarrkirche dem Gottesdienste der A C, während der katholische 127 ) Schreiben des Passauer Bischofs an Erzherzog Kar l vom 14. September 1575 im Linzer Ordinariatsarchiv, Passauer Akten, Fasz. Neumarkt b. Fr. 128 ) Meindl K ., Geschichte der Stadt Wels, 1. Teil, S. 80. 129 ) Vertrauliches Schreiben des M. Philipp Rabus an den Bürgermeis ter vou Freistadt vom 3. Jänner 1598. Jäkel, Kirchliche und religiöse Zustände, S. 28 f .

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