Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

210 Seele der geistigen Erneuerung des ganzen Attergaues wurde Abt Chr istoph Was n er (1592-1615) 102 ) . Der einem adeligen Hause entstammende Professe von Niederaltaich war zuvor Prior von Krems- münster, dessen Abt Johannes diesen Mann gegen Klesl bei Rudolf II. durchsetzte. Abt Christoph nahm zunächst die Reform seines Hauses in Angriff, verfaßte zur Hebung der Wallfahrt nach St. Wolfgang 1599 ein Pilgerbuch in 2500 Exemplaren, ließ im Sinne des Trienter Konzils in der gleichen Kirche ein Tabernakel errichten 103 ), be- mühte sich 1597/98 um die Durchführung der Gegenreformation und nahm Einfluß auf die Neubesetzungen der Pfarren des Atter- gaues. Wohl unter dem Eindrucke des Bruderzwistes im Hause Habs- burg resignierte Abt Wasner 1615, starb aber erst 1631. Die Inschrift seines Leichensteines im Mondseer Münster nennt ihn unter anderem „inserpentis in haec loca Lutheranae pravitatis extinctor". Seinem Wirken ist wohl auch die tadellose Haltung des Wolfganglandes während des Aufstandes der Salzarbeiter 1601/02 zuzuschreibe11. Leider verleiteten Reformeifer und Unkenntnis des Landesrechtes den Abt im Anfang seiner Regierung zu einem folgenschweren Mißgriff, der ihm eine empfindliche Niederlage eintrug. Es handelte sich um fo lgendes: Kach der Darstellung der Landstände auf dem Februarlandtag 1595 10 ") ließ der Abt den in seinem Kloster wohnenden Andreas Scheifflin ohne Vorwissen des Landeshauptmannes unter Bedeckung von 14 Bewaff- neten nach Passau führen und erhob dort beim Bischof die Anklage gegen ihn. Der Abt hatte gegen Scheifflin die Anzeige wegen Wieder- abfalles zum Luthertum erstattet und den Mann als geistliche Person bezeichnet, worauf Bischof Urban die gefängliche Überstellung nach Passau verlangte 105 ) . In Wirklichkeit war dieser Scheifflin, ein Ver- wandter der mächtigen Fuggerfamilie, seit 1564 Professe von Nieder- altaich, und hatte Verbindung mit Mondsee gesucht, wohin sein Mit- bruder Georg Gulden 1584 als Abt gekommen war. 1586 entfloh er von Niederaltaich und ließ sich, nachdem er 1587 seine Entlassung von Nieder- altaich erhalten hatte, als Konversbruder in Mondsee nieder 100 ). Er lieh dem Abte Georg 400 fl., schloß mit ihm einen Abnährungsvertrag 107 ) und erbaute sich in Mondsee ein eigenes Haus. Die ganze Landschaft einschließlich des Prälatenstandes erkannte unter Abweisung der Ent 0 schuldigung des Abtes mit Unwissenheit auf 15.000 Dukaten Buße 108 ) . Als aber der Adel den Abt von den Landtagssitzungen ausschloß, trat 1 0•) Staufer V., Mondseer Gelehrte, 15. Jahresbericht des Stiftsgymnasiums -Melk (1865), S. 16. 10 3 ) Die Jahreszahl 1599 auf dem schönen Gitter vor dem Johannisaltar <leu- det wohl auf den Standplatz des 'fabernakels. Zibermayr I., Die St. Wolfgang- legende, S. 69. 104 ) Annal en, Bd. XXIII, BI. 27'. 1 0 6 ) So nach Raupach, Bd . IV, S. 119. 106 ) Der Fall Scheifflin in den Mondseer Akten, Bd . VIII, Nr. 4- 21. 107 ) Sch!ßid 0., Mondsee, S. 31. 108 ) Die Angabe bei Raupach, Bd. IV, S. 120, ist zu berichtigen. Nicht die zwei 9bea:en Stände , sondern alle vier Stände erhoben die Gewaltklage. Annalen, Bd. XXIII, BI. 36.

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