Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

202 Pfarrkirche war, wurde der Gottesdienst nach der A C gehalten. Der genauere Verlauf der Dinge im Herren k 1o s t e r ist unbekannt. Der Einzug· der Ideen Luthers dürfte sich unter den Prioren Johann Krem- pel (1525-1545), Achaz Aigner (1545-?), Achaz Mosauer (1548-1549) und Paul Glück (1549-?) in ähnlicher Weise wie in den übrigen Klöstern abgespielt haben. Das Schicksal des Hauses war erfüllt, als der protestantische Georg von Lichtenstein um die Mitte des Jahr- hunderts als gewalttätiger Vogt auftrat. Lichtenstein riß die Güter von Pulgarn und die Pfarrkirche Steyregg an sich, setzte den verhe-i- rateten Benedikt Kain, Professen von Baumgartenberg und resig·nierten Prälaten von Seisenstein, zum Prior des Männerklosters ein und enthob Rosina von Maiburg ihres Amtes, sodaß in Wirklichkeit bereits 1552 das Frauenkloster als erloschen zu betrachten war. Der Humanist Kaspar Bruschius, der 1552 anläßlich seines Aufenthaltes bei der Oster- messe in Linz die Umgebung besichtigte, vermerkte in seinen Auf- zeichnungen das wüste Leben im Kloster zu Pulgarn° 1 ) . 1561 verwei- gerte der „durchaus sektische" Prior die Annahme der Reformartikel 02 ) und die Amtsniederlegung, 1566 wurden auch clie vier Priester und Professen Achaz Mosauer, Pfarrer zu Steyregg·, Vitus Weierperger, Pfarrer zu St. Georgen, Nikolaus Rausch, Pfarrer zu Pöchlarn, und Georg· Kern, Pfarrer zu St. Veit bei Waxenberg, als beweibt bezeichnet. 1567 setzte Maximilian II. den Prior ab 03 ) . Das Klostergut war den stärksten Zugriffen der Herrschaft Steyregg ausgesetzt und verdankte seine Rettung· nur seinem Charakter als Kammergut. In den Rechts- händeln zwischen Pulgarn und seinen Pfarren mit den adeligen An- rainern tritt die verletzende Behandlung der Prädikanten durch die Vögte auffällig hervor 04 ) . Die Administratoren Max Lafentsteiger (1567-1574), Ignaz Jerneitz (1574--1579), Sebastian Kieler (1579 bis 1589), Christoph Seidl (1592-1593), Bartholomäus Fuchs (1594--1596) usw., die vom Klosterrat mit der Einführung von katholischen Pfar- rern betraut waren, begegneten dem hartnäckigen Widerstand des Adels 05 ). Mit dem Ankauf der Herrschaft St eyregg durch die Jörger 1581 verschärfte sich der Kampf, den Wolf Jörger sofort zur gemein- samen Ständesache zu stempeln wußte. Als Rudolf II. am 11. Novem- ber 1592 die Erbvogtei der Herrschaft Steyreg·g als bloße Schutzvogtei über das Kloster, nicht aber über die Klosterpfarren erklärte, küm- 61 ) Horawitz A., Caspar Bruschius, SBAW., Bd. IV (1850) , S. 258. • 2 ) Hager, S. 12. 63 ) Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Geistliches Expeditionsbuch, Sign. 23, BI. 28. 64 ) So gab Bernhard von Schallenberg dem Prior Kain eine tüchtige Ohr- feige mit den Wor ten: ,,Was, du heißt mich lügen , du a usgel aufener Mönch t" Am Kirchtag nach Jakobi schrie er dem Pfarrer Achaz Mosauer (.,Palustris") auf offenem Kirchplatz unter den Leuten zu: .,Hurer, Zauberer, Verführer des Volkes ! Wer hat dir denn dein Weib gegeben i " Stülz, S. 83 f. Die Gering- schätzung über die abgefall enen katholischen Priester spricht a us diesen Worten. 05 ) Als Kieler 1581 den lutherischen Pfarrer von Steyregg Franz Schernkle abgeschafft hatte, gingen die Stände nach einer fruchtlosen Interzession (An- nalen, Bd. XV, BI. 224' und BI. 22G) bis zum Kaiser. Der Vogteistreit Steyregg- Pulgarn begegnet immer wieder unter den ständischen Gravamina. Annalen, Bd. XV, BI. 388 und BI. 392.

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