Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

201 wege 57 ). Noch waren der Propst und die Konventualen katholisch, die Messe wurde gehalten und die Sakramente wurden katholisch ge- spendet. Die Lockerungen der Zucht machten sich deutlich fühlbar . Die Kommissäre beanständeten die seidenen Kleider und die Ringe des Prälaten, die zu üppige Lebensführung des Klosters, die Konkubinen und die vermeinten Ehe·weiber auf den Pfarren. Apostaten und ausge- laufene Mönche sollten nicht geduldet, die sektischen Bücher entfernt und katholische (die Postillen des Ferius, Hofmeister, Nausea, Wicelius) für die Konventsschule beschafft werden. Es mangelte an Nachwuchs und an einem katholischen Schulmeister. Die Stiftspfarren waren nach dem Befund mit beweibten Geistlichen, ehemaligen Weltpriestern und Regularen, besetzt, welche dem Luthertum anhingen. Sie sollten, wenn auf freundliche Mahnung keine Besserung zu erwarten stand, ,,mit Glimpf" abgeschafft und den katholischen Priestern die gewöhnlichen ReYerse abverlangt werden. 1563 verzeichnete die Visitation acht Konventualen, drei Konkubinen, eine uxor und sieben Kinder. Der Umschwung setzte unter Props t Johannes Kögl (1563-1577) ein. Zwar verfügte der Propst 1566 nur mehr über drei Konventualen 58 ), doch scheint hier der einzige Fall einer wirklichen Reformation nach einer Visitation vorzuliegen. In warmen Worten rühmte die Kommission seinen Wandel, seinen guten Namen und seinen Fleiß in g·eistlichen und zeitlichen Geschäften. Es wurden alle Tagzeiten und in der Regel täg- lich zwei Ämter gehalten. Angesichts der starken Verschuldung· des Hauses drang die Kommission auf eine sorgfält ige, jährliche Rech- nungslegung und empfahl, die Propstei einige Jahre mit Anleihen zu verschonen. Der folgende Propst, H e r m a 11 n P a r t h e n r e u t e r (1577-1612), hob das Stift innerlich und in wirtschaftli cher Hinsicht 5 ") und setzte sich mit der Marktkjrche, dieser „letzten Kundgebung· ver- klingender Gotik", ein würdig·es De11kmaL Im Prälatenstande spielte Propst Hermann eine führende Rolle. Gänzlich erlag· dem Sturm der Reformation das Doppelkloster zu Ehren des HL Geistes in Pu 1ga r n° 0 ) . Die Geschicke des Frau e n- k 1o s t er s bestimmte der Umstand mit, daß die Nonnen adeligen Standes waren. Als Meisterinnen regierten Apollonia Sulzberger- (1514 bis 1541), Margarete von Scherfenberg· (1542-1548) und Rosina von Maiburg (1549-1567). Bei der Haltung der Familie Scberfenberg darf man bereits unter der Meisterin Margarete die Umwandlung des Hauses vermuten. 1561 unterschrieben Meisterin und Schwestern das Visita- tionsprotokoll nicht, a11geblich wegen Alters und wegen Unkenntnis im Schreiben. 1566 war die Meisterin erblindet. Im Frauenkloster, das • 1 ) Ein Visitationsbericht vom 1. September 1561 mit Durchstreichungen und Randbemerkungen im Linzer Ordinariatsarchiv, Passauer Akten, Faszikel Wald- hauseu. ••) So das Visitationsbuch 1566. Wiedemann, Bd. I, Anm. S. 179-181, gibt zwei Briider und zwei junge Priester nu . ••) Eine eigenhänd ige Wirtschaftschronik des Propstes im Musealarchiv , Waldhausner Akten, Bd. I. Mitgeteilt unter dem Titel „Waldhausen im 16. Jahr- hundert" von Blumenthal H . in den Heimatgauen, Bd. IX (1928), S. 129 ff. •o) Stülz J., Pulgarn, LMB., Bd. V (1841), S. 81 ff., und Visitationsbuch 1566, BI. 172 ff .

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