Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

199 bensspaltung zählt zu den dunklen Blättern der Kirchengeschichte des Landes. Acht Pröpste nacheinander ließen von 1533-1589 das einst so blühende Stift am Fuße des Böhmerwaldes so herabkommen, daß es vor dem Untergang· stand. Vier von ihnen wurden abgesetzt. Nach den hervorragenden Pröpsten Nikolaus IV. von Schestau (1499-1522) und Siegmund Zerer (1522-1533)5") leitete das schlechte Beispiel der Nachfolger, Martins II. Hausteiner (1533-1544) und Georgs Nadler (1544 bis 1555), eine Übergangsperiode nach abwärts ein. Letzterer wollte sogar nach seinem Tode das Stift vertragsmäßig Alexander von Sprinzenstein zuschanzen. Der ausgesprochene Verfall setzte mit Andreas II. Schue- schiz (1555-1567) ein. Die Visitation von 1563 verzeichnete zwei Kon- ventualen, eine Konkubine, eine uxor und acht Kinder. 1566 war im Stift kein einziger Konventuale mehr, zwei saßen seit langem in Rohr- bach und in Friedberg. Obwohl der Prälat beweibt war 51 ), erscheint er im Visitationsbericht als frommer , häuslicher und fl eißiger Mann und seine Wirtschaft wurde g·elobt. Er hielt sich zwei Kapläne. Maximi- lian II. dachte anders als die Kommissäre und setzte den Propst 1567 ab. Michael I. Schmucker konnte die schlechte Lage des Hauses nicht heben. Der Italiener Dr. Paul Marchesini (1576-1577) spickte sich die Börse, verzichtete auf seine Würde und zog fort. Die Pröpste Matthias Schuemann (1578-1583) und Johannes V. Rösler (1584) wurden wegen ärg·erlichen Lebens abgesetzt und eingesperrt. Der ohne Vorwissen des Passauer Bischofs installierte Flanderer Cornelius de Cautere (1587) mußte nach 29 Tagen auf Befehl Rudolfs II. abtreten. Endlich erwuchs dem bedrängten Haus des hl. Norbert in W e n z e 1 Z y p s e r (1589 bis 1608) der Retter. Seine sogleich für die Klosterpfarren herausgegebene Instruktion atmete den Geist des Tridentinums und arbeitete den Pas- sauer Pastoralartikeln für den obderennsischen Klerus von 1590 vor 52 ) . Die Zustände auf den Stiftspfarren entsprachen der Verfassung des Stiftes. Als Abt Alexander 1588 den Pfarrer Michael Trexl von R o h r- b a c h abberief, wandte sich die Bürgerschaft Rohrbachs unter der Füh- rung des Marktschreibers ikolaus Praun durch Hans von Ödt zu Lichtenau an die Stände. Sie bat für die seit einer Menschengeneration in Rohrbach verwurzelte A C um Schutz gegen Abt Alexander, der einen katholischen Pfarrer, David Gebhard, eingesetzt hatte. Am 9. Mai 1588 rief der Hofrichter Freiung·er Richter und Rat von Aigen nach Schlägl, um den Markt auf Befehl des Abtes Alexander zu rekatholi- sieren. Die Besprechung, zu der die ganze Pfarrmenig erschienen war, gestaltete sich so stürmisch, daß der Hofrichter für sein Leben fürcht ete. Außerdem war der vorgesehene Pfarrer Leonhard Polster ungeeignet. Am 9. Juni erschien der Abt selbst in Aigen, zeigte den kaiserlichen Befehl vor und sagte auf Drängen die Kommunion sub utraque zu. Die Gemeinde erklärte sich nun äußerlich zur Rückkehr bereit, doch die Schwierigkeiten, die sie Propst Wenzel bereitete, zei- • 0 ) Hager E ., Propst Siegmund Zerer von Schl ägl (1522- 1533) und sein Grab- stein, LMB., Bd. LXXXI (1926), S. 225 ff. ") ,.Tot prope modum (sit pudicis honor auribus) fi liorum carnalium ex pellicibus, quot pater monachorum." Pröll L., Schlägl, S. 125, Anm. 1. 52 ) Gedruckt bei Pröll L . , Schlägl, S. 143 ff.

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