Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

174 achten der theologischen Fakultä ten anzufordern, so bra(jhten die Per- sonenfragen die Stände in BerüJuung mit einzelnen Fürsten, zum Bei- spi el dem Herzog von Württemberg un d dem Kurfürsten von Sachsen, mit verschiedenen Konsistorien, zum Beispiel von Regensburg uncl Stuttgar t, und mit hervorragenden Persönlichkeiten der Zeit, wie mit Osiander, Heerbrand und anderen. Diese regen Beziehungen und der sta rke Personenverkehr gestalteten die Erhaltung· der AC unter Aus- schluß anderer Bekenntnisse und wesentlich ,erschiedener Richtungen immer schwieriger. Dazu kam als weiteres Moment die Niederlassung zahlreicher, größtente il · wohlhabender Famili en im Lande ob der Enns, hauptsächlich in den Städten. Wir haben es nicht einfach mit Emigran- t en zu tun . Vielmehr üb te Österreich weg,en seiner g-rößeren Glaubens- freiheit, besonders unter Maximilian II. , eine starke Anziehungskraft auf Reichsdeutsche aus. Der Landesfürst war zwar katholisch und nach den gesetzlichen Verfügungen war di e katholische Religion das vor- geschriebene Bekenntnis der Bevölkerung·, mit Ausnahme des Adels, aber die Gesetze wurden sehr wenig ernst genommen, ja eigentlich ga,r- nicht beachtet. überhaupt lebte es sich in Österreich leichter. Es war das Land, das sich scheute, harte Verfügungen r estlos durchzuführen und Menschen wehe zu tun, das vielfach noch seinen Feinden aushalf. Bei jedem konfessionellen Kehraus, den ein Territorialherr verans tal- tete, strömten die Verwiesenen nach Österreich. Nur Tendenz oder Vorurteil kann in der Haltung der Landesfürsten der österreichischen Erbländer in dieser Zeit finstere Streng·e und Härte erblicken. Die Quellen reden eine andere Sprache. Auch ni cht wenige protestantische Stimmen der Zeit heben die g r ö ß e r e „L i n d i g k e i t" Österreichs hervor, erklären ähnliche Verhäl tni sse in Deutschland für unmöglich, ja tadeln sogar die zu große Nachsicht der österreichi schen Behörden in der Aufnahme aller Elemente. Hiebei spi elte sicherlich die So rge um die Erhaltung der A C g·egen zahlreiche Sekten eine Rolle. Das Luther- t um des Landes nahm, da kein streng geordnetes Kirchenwesen bestand und keine verpflichtende Agende die verschiedenen Gruppen einigte, immer mehr Konglomeratcharakter an. In Krisenzeiten und bei ernsten dogmatischen Auseinandersetzungen bedrohten das Kirchenwesen A C des Landes starke Absplitterungen, wenn es nicht gar in mehrere Stücke auseinanderbrach. Eine solche Belastungsprobe, die zweite nach der Täuferbeweguug, beschwor der Flacianismus herauf. 2. Eferding als Vorort des Flacianismus. Von den innerprotestantischen Lehrstreitigkeiten erfaßte keine das Land ob der Enns so mächtig wie der Erbsündestreit, nach seinem Hauptvertreter, dem lutherischen Streittheologen w1d Hauptredaktor der Magdeburger Zenturien Flacianus Illyricus, gewöhnlich Flacianis- mus genannt. In Übereinstimmung mit Luther bezeichnete Flacius die Erbsünde als das Wesen des Menschen, keineswegs sei die menschli che Natur durch die Erbsünde nur verdorben. Da das Luthertum sein Zeit- alter der Dogmenbildung durchlief, bedeuteten dogmatische Formeln polit ische Tagesschl agwor te und erh itzten die Gemüter. In Österreich

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