Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

170 die am 30. Mai unter g-roßer Prachtentfaltung· gehalten wurde, an- griffen, verfügte Erzherzog Karl die Einstellung der Predigten und die Abschaffung der Prediger 00 ). Die Stände fanden an den Predigten nichts auszusetzen, außer man müßte die ganze AC eine Lästerung und Schmähung der katholischen römis chen Religion nennen, doch mußten Inhalt und Form den Relig'ionsfrieden stören. Das Fest Corporis- Christi der Papisten, führte Tonner aus 70 ), das mit Triumph, Singen, Pfeifen und Jubilieren gefeiert wurde, sei eine große Lästerung und Abgötterei. Besonders die Eltern mögen achten, daß nicht die Kinder in diese Abgötterei g·erieten. Nach den Papisten wären die Bauern we- gen ihrer lang·en Knebelbärte nicht würdig, das Sakrament unter bei- den Gestalten zu genießen. Die Katholiken hätten kein Sakrament, sondern machten nur eine Spiegelfechterei. Sie sagten, man solle das Sakrament anbeten, das doch nur Brot sei. Da müßte man all e Krea- turen anbeten und es ·wäre besser, einen Bauern anzubeten als der Pa- pisten Sakrament, da der Bauer eine lebendige Kreatur und ein Bildnis Gottes sei. Nirgends sei befohlen, das Sakrament in Gold und Silber einzusperren. Bei der Prozession müßten die Prälaten mit Gold um- hangen erscheinen, goldene Monstranzen tragen und neben ihnen müß- ten Gewaltige vom Adel gehen. Besser, man trüge das Sakrament, das keines sei, im Herzen. Die papistischen Pfaffen brummten vor dem Altar, als wenn einem die Bremsen in die Stiefel g·ekommen seien. Gott sei im Himmel, es gebe kein Opfer, das man herumtrage. Am 3. Sonn- tage nach Pfing·sten (Evangelium von der Einladung zum Hochzeits- mahle) verglich David Tonner die Geladenen, die sich mit dem Haus- kauf entschuldigten, mit den Bischöfen, Prälaten und Seelsorgern, die eine feiste Pfründe zu verkaufen hätten. Dieser Acker ziehe sie ab vorn großen Mahle Christi , dem hl. Worte Gottes. Als Beweis wird die angebliche Äußerung eines Mainzer Erzbischofs angefiilnt, die Luthe- raner hätten den richtigen Artikel, daß alle heiraten sollten. Nähmen ihn aber die Bischöfe an, so müßten sie, wie am Kölner Bischof zu sehen sei7 1 ), ihre g·anze Klerisei und ihren Besitz fahren lassen. Am 4. Sonntag·e nach Pfingsten (Evang·eliurn vom verlorenen Sohn) deutete Tonner die Kleibern, mit denen der verlorene Sohn seinen Hunger stillte, als die Abgötterei der Messe, des Klosterlebens, des Fastens und Wallfahrens 12 ) . All das sei Menschentand und Abgötterei. Die Brüder des verlorenen Sohnes seien die Werkheiligen, die ihre Werke (Fasten und Gebet) gesehen und gelobt wissen wollten. Die Ohren- beichte lehnte er wegen Gottes Allwissenheit ab. Beichten und um Gnade bitten müsse man nach dem Beispiele des verlorenen Sohnes Gott allein. 09 ) Loserth , Akten etc., S. 483 f. 70 ) In den Annalen , Bd. XVI, B l. 360 ff. , drei Pred igtausziige '1'01rne r s. Der B l. 360 wiedergegebene Auszug einer Predigt gegen daH Fron leiclrnamsfest stammt nicht von Egen M., sondern von Tonner. 71 ) Gemeint ist Hermaun von Wied, der im J"ahre 154G wegen se iu er l'ro- testantisierungsversuche vom Papste abgesetzt und 1547 1. 11 r H.esigrn1 tion aur Köln und Paderborn veran laßt wurde. ") Es se i ni cht recht, nach J"ernsalem zu laufen ot.ler nach St. Jakob oder Zell.

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