Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

160 waren folgende. Die acht besoldeten Verordneten blieben und kamen vier- zehn Tage vor jedem Landtag zusammen. Präsident war der Älteste des Herrenstandes. Prälaten, Herren und Ritter hatten persönlich, die Städte dW'ch Gesandte längstens einen Tag nach dem Termin zu er- seheinen. Entschuldigungen waren acht Tage früher schriftlich bekannt- zugeben, vor der Proposition hatte der Präsident die Zahl der Anwesen- den zu kontrollieren. Zur Anhörung der Vorlage hatten sich alle Mit- glieder vollzählig· im Landhaus einzufinden, worauf der Präsident so- fort die Verhancllungsgegenstände erledigen sollte. Als Strafe war Arres t in einer Herberge vorgesehen. Ein dreiköpfiger Ausschuß jedes Standes beratschlagte über die Proposition und über die Gravamina. Nach der ersten Landtagsantwort konnte ein großer Ausschuß von 20 Personen bis zum Landtagsschluß die Verhandlungen weiterführen, die übrigen Stände durften heimkehren. Dieser Landtagsreform war ein Erfolg beschieden. Zwar kehrten die Landstände nicht zum früheren Gehorsam zurück, auch fürchteten sie keineswegs Strafsanktionen, wohl aber waren Umstände aufgetreten, die ihnen die Landtage und deren klaglose Abhaltung selbst wünschens- wert machten. Im Sommer 1588 erhob sich im „Sierninger Handel" ein sehr gefährli cher Aufstand und entfachte im allzeit unruhigen Garstner- tale eine revolutionäre Bewegung, die von 1589 bis zum zweiten obder- ennsischen Bauernaufstand 1595- 1597 weiterlief. Das Land drohte aufzustehen, eine Mahnung zu Einigkeit und Wachsamkeit für alle Grundherren. Vor der Behandlung dieser sozialrevolutionären Erbe-. bungen und ihres Zusammenhang·es mit der Glaubensspaltung verdient eine andere Tätigkeit der lutherischen Stände des Landes ob der Enns erhöhte Aufmerksamkeit, ihre Beziehungen zur Abwehr der Gegen- reformation in Österreich unter der Enns und in Steiermark. Trotz des reichen Materials ist die führ ende Rolle des Landes ob der Enns in die- ser Richtung der älteren Literatur und den einschlägig·en neuen Haupt- werken30) entgangen. Es gilt daher, ein Blatt der Landesgeschichte auf- zuschlagen, das bisher so gut wie unbekannt war, das aber auf die Ver- gangenheit des Landes neues Licht wirft. II. Das Land ob der Enns und die Einführung der Gegenreformation in Österreich unter der Enns und in Steiermark 31 ). 1. _Trotz der selbständigen Haltung der lutherischen Stände des Landes ob der Enns in der Frag·e der Kirchenagende schien eine enge dauernde Fühlungnahme mit dem Lande unter der Enns für beide Teile 38 ) Bibi V., Die Einführung der knth. Gegenreformati on in Niederösterrei<'h durch Kaiser Rudolf II. (1576-1580); derselbe, Erzher zog Ernst und die Gegen- reformation in Niederösterreich (1576-1590), MJOG., E rg.-Bd . VI (1901), S. 575 ff., Loserth J., a. a. O.; Schuster L ., Martin Brenner. 81 ) Quell en für Osterreich unter der Enns: Annalen , Bd. XIV, BI. 322 ff . , Bd. XVII, BI. 308 ff., Bd. XVIII, BI. 572 ff . Für Steiermark : Annalen, Bel. XV, BI. 1' ff ., Bel. XVI, BI. 335 ff.

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