Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

158 Gegensatz die Abneigung gegen das päpstliche Wien noch bedeutend. Seitdem im Jahre 1581 Melchior Klesl Generalvikar des Passauer Bischofs für das Land unter der Enns geworden war, machten dort die politische Gegenreformation und der innere katholische Neubau gleich rüstige Fort- schritte. Durch Baiern, Salzburg, Steiermark und Österreich unter der Enns war nunmehr das Land ob der Enns gegenreformatorisch einge- kreist. Eine Ausnahme bildete nur großenteils Böhmen, gerade das Land, in dessen schöner Hauptstadt Rudolf II. seit 1582 seinen dauern- den Aufenthalt genommen hatte. Kein Wunder, daß sich die prote- stantischen Stände nicht mehr nach Osten, sondern nach Norden orien- tierten. Prag war politischer Mittelpunkt geworden, Wien drohte zu einer Provinzhauptstadt herabzusinken. Nach Prag und zu den böh- mischen Ständen führten in Zukunft viele offene und geheime Fäden. Am Prager Hof unterhielt man Konfidenten und bezog regelmäßig ver- trauliche Nachrichten. Der Gesundheitszustand des Kaisers, dessen Gemüt sich seit 1580 immer mehr umdüsterte, beschwor auch die Nach- folgefrage auf den Plan 20 ). Sie bildete im Bunde mit den Unstimmig- keiten im Erzhause für die Stände und das ständische Prinzip eine Hoff- nung angesichts des schweren heraufziehenden politischen Gewitters. Die folgenden Jahre sind vom konfessionellen Stellungskrieg be- herrscht. Der rasch fortschreitende Ver f a 11 der Landtage, der im Jahre 1588 zu einer Landtagsreform führte, zeigt, daß sich die Stände weitere Fortschritte ihrer Sache nicht mehr von der Landtags- stube, sondern von den vollendeten Tatsachen erwarteten. Erzherz-og Maximilian, der auf dem Märzlandtag 1582 den Kaiser vertrat, erzielte die Erklärung, daß sie bei Veränderung der Religion in den Städten und auf dem Lande keine Bewilligungen mehr leisten würden, weil sie dieselben nicht leisten könnten 21 ). Da sich seit 1581 „die Läufe und das Wesen mit viel mehr Gefährlichkeit erzeigt" hätten, stattete man die acht Verordneten mit größeren Vollmachten aus. Am Februarland- tag 1583 fanden sie die kaiserliche Resolution in der Religionsdisposi- tion „hochbeschwerlich" und erblickten in ihr ein sicheres Anzeichen für die Veränderung der A C im ganzen Lande. Der Handel mit dem Pfarrer von Enns, die Verweigerung von Acht und Bann für einige Stadtrichter und die Aufhaltung theologischer Bücher in- und auslän- discher Buchführer bestärkten sie in dieser Überzeugung. Ohne Er- füllung ihrer drei Vorbehalte (Religionsfrage, sonstige konfessionelle Gravamina, Schonung des Kredites der Prälaten und Städte) seien ihnen weitere Leistungen unmöglich 28 ). Bei dieser Auffassung, ent- gegneten die Kommissäre, könnten sich Kaiser und Gemeinwohl auf die Stände nicht verlassen. Sie wiesen den Ausdruck „Arrestierung" zurück, erinnerten die Stände an ihre Landtagspflicht und bezichtigten etliche Mitglieder der Nichtbeachtung des Respektes und des Gehor- ••) Eine hervorragende Kennzeichnung der melancholischen Natur Rudolfs bei Zöchbaur J., Kaiser Rudolf II. und die Nachfolgefrage bis zum Tode des Erzherzogs Ernst (20. Febrnar 1595), 2. JB. des Kollegium Petrinum (1899), S. 16 ff. 27 ) Annalen, Bd. XV, BI. 316 ff. Die Religionsschlußschrift Maximilians ebenda, BI. 3i3. '") Das Land hatte von 1539-1583 1,408.638 f l. kaiserliche Schulden abgedeckt. Stiftsarchiv St. F l orian, Kodex 15, S. 170 ff.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2