Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

151 könne 0 ). Das unerwartete Erscheinen des bairischen Edelmannes war um so peinlicher, als er der Schwager des Passauer Bischofs war. Nach gepflogen er Beratung lehnten die Stände den Vertreter ab, spra- chen aber dem Bischof das Recht der persönlichen Anwesenheit zu. Auch der verstorbene Landeshauptmann Dietmar von Losenstein sei als einfacher Landmann, nicht als Pfleger von Ebelsberg gekommen. Mit einer Verneigung vor der Person des Vertreters und mit einem Hinweis auf die Weiterungen machte Siegmund von Pollheim die Türe zu. Im folgenden Schriftenwechsel führte der Bischof die Anwesenheit seiner Gewalthaber bei den Beratungen der unterennsischen Landschaft an, erreichte jedoch nur eine höfliche Abweisung. Mit erhöhtem Eifer betrieben die protestantischen Landstände nach dem frühen Tod Maximilians den inneren Ausbau ihrer Vormacht- stellung. Im Vordergrunde standen als dringlichste Erfordernisse eine neue Sc h u 1- und Kirchenordnung. Im Jahre 1574 war die L a n d s c h a f t s s c h u l e von Enns nach Linz zurückgekommen und nahm unter Rektor M. Johannes Memhardus 7 ) einen bedeutenden Auf- schwung8). Linz wurde in deutschen Landen und darüber hinaus bekannt. Mit Weitblick förderten Hans von Tschernembl, Achaz Häckelberger, Achaz Hohenfelder, Georg Neuhauser und andere Adelige die Schule, die für eine Anzahl von Stadt- und Landschulen das Vorbild abgab. Wesentlich ungünstiger stand es mit der Ordnung des neuen Kirchen- wesens. War es schon schwierig, die der neuen Lehre mehr äußerlich als innerlich zugefallenen Volksteile zu erfassen und festzuhalten, so war es schier unmöglich, die Neugläubigen dogmatisch und liturgisch unter einen Hut zu bringen. Das Land war überschwemmt mit ausge- wiesenen oder geflüchteten Prädikanten der verschiedensten Richtun- gen, unter dem Adel hatten Kalvinismus und Flacianismus Eing·ang ge- funden, die seit dem blutigen Täuferdrama hergestellte Einheitsfront gegen Rom und das Papsttum drohte zu zerbrechen. Bereits seit meh- reren Jahren hatte sich im Lande ob der Enns der Ruf nach Verfassung und Ordnung erhoben und wurde immer lauter. Nach der abgelehnten Agende von 1573 machte sich unter dem Drucke der Vorgänge in Wien ein Ständeausschuß in Linz 1578 an die Ausarbeitung einer Kirchen- ordnung. In Wien, wo der Flacianer Opitz das Landhausministerium beherrschte, hatte Erzherzog Ernst Ende 1577 die Landhausprädikanten vor der Seelsorge an der Bürgerschaft gewarnt. Linz wollte die Fehler Wiens vermeiden und legte die Ausarbeitung der Kirchenordnung in die Hände eines Ständeausschusses, der den Landhausprädikanten M. Georg Khuen°) nur anhörte. Schwierig·e Fragen, wie die Ordnung des Gottesdienstes, das Verhältnis des Landhausministeriums zur offiziell katholischen Stadtpfarre, der Erbsündestreit, das Sektenwesen und an- •) Annalen, Bd. XII, BI. 501 ff. ') Als Hauptquellen kommen in Betracht Annalen, Bd. XIII und XXXIII des Linzer Landesarchivs und Kodex XIX c/63 des Stiftsarchivs St. Paul. 8 ) Salomon G., Magister Johannes Memhard, der adeligen Landschaftsschule zu Linz Rektor, und seine Familie. Heimatgaue, Bd. XV (1934), S. 170 ff. •) über diesen aus der Steiermark gekommenen Prädikanten: Loserth J., Die Reformation und Gegenreformation etc., S. 213 f., und Raupach, Presbyteriologia, S. 78 ff. Dazu Anna len, Bd. XIV, BI. 186', und Bd. XV., BI. 180.

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