Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

145 Neuerung, sondern landesfürstliches Recht. Doch änderte er den Ter- min bis zu seiner Rückkehr nach Wien. Aus diesem Beispiel kann gut abgenommen werden, warum die Städte seinerzeit g·egen eine eigene Assek:uration für das Land ob der Enns waren. Si e und der lutherische Adel fuhren bei Duldung· des Gewohnheitszustandes besser als bei einer klaren Rechtslage, welche besonders den Städten feste Schranken gezogen hätte. · Eine R ü c k s c h a u beim Ausgang der Maximilianischen Regie- rungsepoche zeigt den mächtigen Vormarsch der A C auf allen Linien seit Ferdinands I. Tod. Der katholische Besitzstand war erschreckend zu- sammengeschrumpft. Nicht, daß die Katholiken nur mehr einen kleinen Bruchteil der Bevölkerung des Landes ob der Enns ausmachten , daß viele Kirchengüter in den Besitz des Adels und zahlreiche Benefizien an Prädikanten überg·egangen waren : viel schlimmer war die Aushöhlung des katholischen Denkens, der Verfall des kirchlichen Sinnes, die Ver- schwommenheit der religiösen Ansichten und die Kraftlosigkeit der mei- sten Maßnahmen auf katholischer Seite. Die führenden Schichten, Adel, Beamte und Bürger, waren Anhänger der A C, und wenn es auch schwer ist, Politik: und Religion im Zeitalter der Glaubenskämpfe auseinander- zuhalten, so ist es bei aller Obermächtigkeit der Politik sicher, daß sich ein Teil dieser Kraft von der religiösen Quelle herleitete. Ander- seits läßt sich genau verfolgen, daß eine völlige Verprotestantisierung und ein gänzliches Erlöschen der alten katholischen Religion niemals eintrat, daß vielmehr katholische Kräfte immer vorhanden, wenngleich vielfach gebunden waren. Alles kam darauf an, welche Männer auf den Plan traten, um die Lage zu meistern. Die Religionskonzession hatte in das Religionsbestimmungsrecht des Landesfürsten eine schwere Bresche geschlagen. Ihre Formulierung war ohne Zweifel unklar und ihre Durchführung mußte noch mehr Unklarheiten und Konflikte her- aufbeschwören. Die Haltung· des Kaisers bezeugte den fest en Willen, in der Religionsfrage strenge auf dem Boden der Religionskonzession in ihrem Umfange zu beharren. Anders der Adel, der sich von Anfang an über die gesetzlichen Schranken seines Religionsprivilegs hinweg- setzte, wozu gewiß nicht immer idealer Sinn, sondern sehr materielle Gründe anspornten. Ganz unmöglich war die Lage in den Städten, die rechtlich sozusagen in der Luft hingen. Diesen Mächten stand in erster Linie der Prälatenstand gegenüber. Er war uneins, schwach und nur in einigen Mitgliedern seiner Aufgabe gewachsen. Immerhin hatte er sich in cler Religionsfrage von der Land · schaft losgelöst, was bei der bekannten staatsrechtlichen Lage des Landes ob der Enns und bei dem dadurch gesteigerten Zusammen- gehörigkeitsgefühl der Landstände ein entscheidender Ansatzpunkt für eine neue katholische Kulturpolitik werden konnte. Bischof Urban von Treubach war ein Reformbischof, doch reichte sein Arm trotz seines Offizials in Wien nicht nach Österreich. Erst mit Melchior Klesl begann die Wandlung. Und der Kaiser? Rätselhaft wie seine Natur war seine Religionspolitik und es ist bis heute der Forschung nicht gelungen, sein Wesen und seine Politik auf einen Nenner zu bringen. Tatsache ist, daß er offiziell als Katholik gelten wollte, wenngleich er in religiöser 10

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