Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

142 seien exemt und der Kaiser würde sich auf seinen Pfarreien mit der Kontribution nicht die Hoheit nehmen lassen. Mit den bischöflichen Pfarren und Lehenschaften, bemerkt der Bericht spöttisch, könne der Ordinarius machen, was ihn luste. Auf keinen Fall würden die g·eistlichen und weltlichen Patrone den bischöflichen Offizial als Superintendenten über alle Pfarren dulden. Wolle der Ordinarius die Unkosten des Se- minars nicht selber bestreiten, so möge er das Seminar auf die Annaten, Portiones und Annualfrüchte verordnen und die Manualbenefizien bei den Passauer Pfarren und andere profanierte Benefizien dazu ver- wenden. Ein zweiter Vorschlag sah die übertrag·ung der Universitäts- steuer auf das Seminar vor und ein dritter Plan ging von der Selbst- versorgung der verschiedenen Patrone für ihre Pfarren aus . Der Bi- schof möge aus eigenen Mitteln die für seine Pfarren notwendigen Kleriker heranbilden, der Kaiser mit den Universitätsstipendien für die landesfürstlichen Pfarren sorg·en, und die Prälaten würden die inkorpo- rierten Pfarren mit Leuten aus ihren Schulen und Klosterseminarien besetzen. Mit dieser Darlegung war die „neue unerhörte bischöfliche Kontribution" für den Prälatenstand erledigt. Angesichts dieser Zustände im Prälatenstand darf es nicht Wunder nehmen, daß sich Maximilian II. im Jahre 1574 aufs neue mit dem Plan einer K 1 o s t e r v i s i tat i o n trug·. Die Handlung begann im Juli 1575 im Lande unter der Enns, wurde aber abgebrochenm). Wenn auch das Land ob der Enns von dieser Visitation nicht berührt wurde, so enthält doch die auf einem Giengerschen Gutachten 110 ) fußende Instruktion 117 ) einige bemerkenswerte Einzelheiten. Die Ding·e wären nach der „ganz linden und leichten Reformation" in den Klöstern immer ärger statt besser geworden. Etliche Prälaten hätten sich wieder beweibt, drei Prälaten von Österreich unter und ob der Enns seien mit schwerem Geld entwichen, Verschwendung, Unzucht, Scheingottes- dienst, Sektentum, schlechte Wirtschaft und Prunkliebe machten sich mehr als je breit. Etliche Prälaten besuchten, wie man erzählte, mit vielen Rossen und mit großer Pracht die beiden Linzer Jahrmärkte und gäben in ihren Herbergen stattliche Gastereien und Tänze. über die Verwendung der zwei Jungfrauenklöster St. Bernhards: Traunkirchen und Schlierbach, die an den Prälatenstand des Landes ob der Enns versetzt waren, hatten die Kommissäre Vorschläge zu erstatten. Die Instruktion bestätigt die allg·emeine Verwilderung der Sitten, von der auch das Schreiben der obderennsischen Prälaten zu den Passauer Beschlüssen an Maximilian sprach. Die Rücksichtslosigkeit, mit der ein vielfach gewalttätiger Adel sich über alle Rechtssatzungen hinweg·setzte und auch das Adelsprivi- leg der Religionskonzession weit überschritt, mußte in Maximilian II. am Abend seines Lebens Zweifel an der Richtigkeit seiner Religions- politik erreg·en. Es konnte kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß 1 ") Wiedemann, Bd. I, S. 202 f. " 6 ) Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, Mc. österreichische Re ligions- akten , V, BI. 555- 563. 117 ) Gedruckt bei Hopfen, S. 384 ff.

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