Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

141 Konkubinates und zur Erhaltung ihrer Wirtschaften nicht verwehrt oder abgeschafft worden. Das Volk halte unverehelichte Priester nicht für ehrlich und tauglich und berufe sich auf den langjährigen Ge- brauch. Für abgeschaffte katholische Priester rückten entlaufene sek- tische Prediger mit Weib und Kind ein. Unmöglich sei ferner die Ab- stellung des L a i e n k e 1c h e s. Im ganzen Lande sei fast überall durch katholische Priester das Sakrament des Altares unter der Messe sub uLraque specie jedermann, Landmann oder Bauersmann, gereicht worden, daher könne man sie jetzt nicht mehr davon abbringen. Würde die Einstellung vorgenommen und würden die katholischen Priester ab- geschafft, wäre unter dem gemeinen Volk Aufruhr zu befürchten. Aus diesem Grunde hätten sie bisher eine Erforderung der Priester nicht vorgenommen. Die Unterstützung· des Passauer Bischofs zum Unter- halt eines S e m in a r s gemäß dem Trienter Konzil verweigerten sie als unmöglich. Als Gründe führten die Prälaten die seit Ferdinand I. eingeführte Universitätssteuer an, die Erhaltung· der eigenen Schulen bei ihren Gotteshäusern und die kaiserlichen Kontributionen. Angesichts einer solchen Haltung kann man sich die Durchführung der Passauer Beschlüsse im Lande ob der Enns vorstellen. Die Einberufung der De- kanatskonferenzen unterblieb und es geschah, nachdem Bischof Urban am 8. April 1576 die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Passauer Be- schlüsse in Österreich erhalten hatte, in Wirklichkeit sehr wenig. Die Reformversuche mußten sich auf die bischöflichen und auf die kaiser- lichen Pfarren beschränken. Dieser Fall gibt nicht nur über die Schick- sale der Reformidee von Rom über Trient, Salzburg und Passau in das Land ob der Enns lehrreiche Aufschlüsse, sondern legt auch größte Zu- rückhaltung in der Bewertung der Handlungen der verantwortlichen Persönlichkeiten nahe. Die Hauptsorge der Diözese, das Priester- seminar, wurde zwar seit 1580 von dem Vorkämpfer der katholischen Reformation Melchior Klesl wieder aufgenommen, die Haltung des ob- derennsischen Prälatenstandes aber war ziemlich dieselbe geblieben. Als Bischof Urban zur Errichtung eines Seminars in Österreich auf den Prälatenstand und auf die Priesterschaft beider Länder eine Kontri- bution veranschlagen wollte, und Rudolf II. den „armen sonst in viel- weg beschwerten Prälatenstand" darüber hörte, erklärten die Be- frag ten113), die Erhaltung des Seminars sei laut TI·ienter Konzil nicht Sache des Landesfürsten und des Klerus, sondern des Bischofs, außer dieser wäre selbst arm. Der Ordinarius habe aber ein reiches Einkommen und könne das Seminar aus eigenem Säckel erhalten 114 ). Die meisten Pfarren in Österreich ob und unter der Enns seien mit Lehenschaft und Vogtei den Landleuten unterworfen oder der A C verwandt und würden zu einem Seminar nichts bewilligen, die inkorporierten Klosterpfarren 113 ) Das undatierte Aktenstück im Stiftsarchiv St. Florian, Kodex 6a (Kaiser- li che Resolutionen , die geistliche Lehenschaft betreffend), Pars I, fol. 51-59. 114 ) Die Eingabe zählt unter den Einki\nften der E1·zbischöfe und Bischöfe aus Österreich Gilten und Güter, Wein- und Getreidezehente, Pensionen, An- naten, Portiones, Cathedraticum, Synodaticum, Kollekturen, geistliche In- vcsturen, Primos fructus und andere Accidentia auf und verweist auf die Ver- wendung dieser großen Summen für die Hochstifte außerhalb Osterreichs.

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