Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

139 der Klerus auf einer Passauer Diözesansynode den Seminarbeitrag ab- lehnte, übergab Bischof Urban das Seminar in Passau dem Weihbischof und unterhielt auf eigene Kosten zwölf Alumnen bei den J esuiten in Wien. Erst 1593 konnte dieses Wiener Seminar durch die Veranschla- gung eines Alumnatikums auf die bischöflichen Pfarren auf eine sichere Grundlage gestellt werden und blieb bis zur Errichtung· des Jesuiten- kollegs in Passau (1612) beziehungsweise bis zur Aufnahme der philo- sophisch-theologischen Vorlesungen (1622) der Mittelpunkt der Priester- bildung für die Passauer Diözese. Daß dieses kleine Seminar für die mächtige Altdiözese Passau ganz unzulänglich war, ist ebenso klar wie die Tatsache, daß für das Land ob der Enns dieser Notbehelf so gut wie keine Lösung der Seminarfrage brachte. Denn die Zög'linge dieses Se- minars blieben nach Empfang der Priesterweihe entweder im Lande unter der Enns, oder sie gingen in den bairischen Anteil des Bistums Passau. Aus diesem Grunde kann von einer Hebung des Priesterstandes im Lande ob der Enns nicht nur nicht gesprochen werden, vielmehr machte die innere Entfremdung des Seelsorgsklerus von der katho- lischen Religion weitere Fortschritte. Im Zusammenhang mit der Seminarfrage verdient die Pas saue r D i ö z e s a n s y n o d e d e s J a h r e s 1 5 7 6 sorgfältige Beachtung 101 ). Sie enthüllt nicht nur restlos den ganzen Umfang des kirchlichen Ver- falles, sondern zeigt auch die ungeheuren Schwierigkeiten, die sich jeder katholischen Erneuerungsarbeit in den Weg stellten. Die Ver- sammlung, welche vom 21. bis 23. März tagte, war die vorgeschriebene Bistumssynode, welche die Salzburger Beschlüsse von 1573 für den passauischen Sprengel ins Leben umsetzen sollte. Der Kaiser hatte zwar nur je einen Vertreter des Prälatenstandes der Länder ob und unter der Enns zur Synode bewilligt, doch fanden sich von Österreich ob der Enns die Prälaten von Kremsmünster, Lambach, Garsten, Sankt Florian, Waldhausen, Mondsee, Engelszell und Gleink in Passau ein 108 ). Erfordert waren außer den Prälaten alle Dechante und Pfarrer. Da vom Lande unter der Enns nur ein Prälat, und zwar drei Tage nach Schluß der Synode, erschienen war 100 ), belastet der Widerstand des Klerus gegen die Vorlagen der Synode in erster Linie den obderennsischen Prälatenstand, in dessen Auf- fassung und Sprache sich der zur Genüge gezeichnete Verfall der katholischen Religion abspieg·elt. Der Rezeß, den für das Land ob der Enns Erhard Abt von Kremsmünster und Georg Propst von St. Florian fertigten, verlangte im Gehorsam geg·en die Trienter und Salzburger Beschlüsse binnen drei Monaten die Abstellung der Konkubinate, eine genau umschriebene Seminarhilfe und eine Lebens- reform nach den gedruckten Synodalkonstitutionen, über deren sechzehn Punkte jedel'. Geistliche reversieren mußte 110 ). Dagegen versprach der Abschied die Zustellung der in Salzburg gegen die weltlichen Gewalt- 107 ) Hippolytus, Theo!. Zeitschrift der Diözese St. Pölten, Bd. III (1860), S. 461 ff., und Wiedemann, Bel . I, S. 265 ff. Hier mit unrichtiger Datierung. 10 8 ) Hopfen , S. 410. 10•) Hopfen, S. 409. 110 ) Gedruckt bei Wiedemaun, Bd. I, S. 287 f.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2