Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

138 troffen war, pflichtgemäß gehandelt. Niemand mag sich über die ka- tholische Streitschrift des Reichshofrates Dr. Ge o r g Ed e r „Eva n- g e l i s c h e I n q u i s i t i o n w a h r e r u n d f a 1s c h e r Re l i- g i o n" 101 ) mehr gefr eut haben als der Passauer Bischof. Das Buch, das am Wiener Hof wie eine Bombe einschlug und Maximilian zu einem der schärfsten Dekrete seiner Regierungszeit veranlaßte 102 ) , unterschied im Religionsstreit Hofchristen oder weltweise Mittler, die den Zank ver- mantelten, und Spötter, und nannte die Anhänger beider Richtungen Leute, die außen katholisch, innen lutherisch oder halblutherisch und halbpäpstlich oder „Beidenhänder", weder päpstlich noch lutherisch, weder kalt noch warm seien. Das Hauptverdienst der kühnen Kampf- schrift lag ohne Zweifel in der Anbahnung einer reinlichen Scheidung der Geister, die sie mit ihrer treffsich eren Charakteristik und mit herbem Sarkasmus in die Weg·e leitete. Hofrat Eder, der auf Grund zahlreicher weiteren Schriften 103 ) mit Recht unter die großen katho- lischen Polemiker des sechzehnten J ahrhunderts gezählt wird, suchte durch eine Warnungsschrift an den vierten Stand der Städte und Märkte in österreich 104 ) der völligen Verprotestantisierung der größeren Orte zu steuern und hat als Laie mit seiner gewandten Feder das geleistet, was, mit Ausnahme des J esuiten Georg Scherer, der Klerus hätte leisten sollen 105 ). Für den weiteren Fortg·ang· der katholischen Restaurations- politik waren zwei Maßnahmen bedeutsam, von denen sich allerdings nur die zweite für das Land ob der Enns unmittelbar auswirkte. Es handelte sich um eine kirchliche und um eine staatliche Verfügung·. Die erste betraf einleitende Schritte des Passauer Bischofs zur Lösung der Seminarfrage, die zweite die Frage der Überweisung der Prälaten in Religionssachen an das Kammergericht oder an den Klosterrat in Wien mit Ausschaltung der Landesg·erichte, daher im Konfessionskampf regelmäßig als „Entzug der ersten Instanz" bezeichnet. Auf beide Fragen muß info lg·e ihrer grundlegenden Bedeutung näher eing·egangen werden. Bereits 1560 hatte Felizian Ninguarda mit Bischof Urban über die S e m i n a r f r a g e verhandelt 100 ). Das Salzburger Provinzialkonzil des J ahres 1569 beschloß die Errichtung· von Tridentinischen Semi- narien in Salzburg, Freising, Passau, Regensburg und Brixen. Anfangs April 1573, also bereits vor der zweiten Salzburger Provinzialsynode des gleichen Jahres, hatte Bischof Urban in Passau ein kleines Priester- seminar eröffnet, während sich die Eröffnung des Rupertinischen Se- minars in Salzburg von 1562 bis 1582 dahinschleppte. In Wien bestand seit 1574 ein päpstliches Alumnat unter Leitung· der J esuiten, das jähr- lich von Rom mit 1200 Goldg·ulden unterstützt wurde. Als freili ch 1576 101) Raupach, Bd . II, S. 227 ff. 102 ) Raupach, Bd. II, Beilagen, S. 147 ff., und Hopfen, S. 367 r. 103 ) Fünfzehn Schriften Eders bei Raupach, Bd. II, S. 220- 247. 10 •) Raupach , Bd. II, S. 331 ff . Die Antwort des Protestanten Nigrinus ebenda , S. 338 ff. 105 ) über das Leben dieses hervorragenden Mannes (geboren 1523 in Frei- sing, ges torben 1587 in Wien) vergl. Raupach, Bd. II, S. 211-220, und Schrauf K., Der Reich shofrat Georg Eder (Wien 1904). 106 ) Vergl. die hervorragende Monograph ie vo u Eggersdorfer F . , Die Philo- sophisch-theologische Hochschule Passau, S . 67 ff.

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