Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

136 unterblieb aus Furcht vor Unruhen die Befragung in der Folterkammer. Auf Fürbitte der König·in wurden die drei Verhafteten schließlich wie- der in Freiheit gesetzt und man verschob den Strafhandel mit dem Fahndungsbefehl nach den unbekannten Tätern auf Nimmerwiedersehn. Der Losensteiner, sein Prädikant und die Linzer Stadträte erhielten wegen „Auslaufes" einen Tadel vom Kaiser 03 ). Die Mißachtung des Königsschutzes und der Gang der Untersuchung zeigten den Grad des Fanatismus und das Zusammenspiel der Behörden mit den Beschuldig- ten0') . Der Vorfall enthüllte so recht das Mißverhältnis zwischen der Rechtslage und dem wirklichen Stand der Dinge. Das Religionsbestim- mungsrecht des katholischen Landesfürsten über seine Städte war tat- sächlich außer Kraft g·esetzt und eine katholische Fürstin konnte sich mit ihrem Gefolge in einer Stadt nicht so frei bewegen wie der durch die Religionskonzession geschützte protestantische Adel. Die Vorgänge in E n n s gewähren Einblick in die außerordent- lichen Schwierigkeiten der Rekatholisierung· einer Stadt, über deren Pfarrkirche der Landesfürst selbst Patron war. Schon Pfarrer Hans Kugelmann hatte sich anfangs der Siebzigerjahre beklagt, daß der Kaiser mit der neuen Kirchenordnung zu Enns angefangen und ihm verschiedene Lasten auferlegt habe, während der Vizedom zu Linz dem Pfarrhof alle seine verbrieften Freiheiten nähme 05 ). Nach Kugelmanns Tod präsentierte Maximilian II. dem Bischof Urban den Kremser Stadtprädi- kanten Abraham Hundtsperger, der als evangelischer Pfarrer wirkte 00 ). 1576 beklagte er sich über seinen Schulmeister M. Häböck, der häufig nach St. Florian hinausreite und seine Schüler zur Kirchenmusik hinaus- schicke. Der Propst singe unter der Infel die unheilige Messe, die Ju- gend verlerne Katechismus und Gebet, in der Kirche sei viele Wochen beim Gottesdienst keine Musik g·ewesen. Seitdem die evangelische Kirche, Schule und Religion von dem abgöttischen Prälatenstand gänz- lich geteilt und abgesondert, dafür aber mit den Ständen der Herren und Ritter verbündet und diesen gänzlich inkorporiert sei, müsse es ein verdächtiges Präjudiz bei den Ständen sein, wenn der Schulmeister und die Schule den abgöttischen Meßpfaffen und Meßdiensten aus- hülfen. Keine Stadt in Österreich duldete ähnliches. Umso schärfer traf nach Maximilians Tod der neue Religionskurs den Pfarrer von Enns. Er wurde 1582 verhaftet, doch war der neueingesetzte katho- lische Pfarrer mit seinen Gesellpriestern weder auf der Straße noch im Pfarrhof seines Lebens sicher und eine kaiserliche Kommission be- richtete dem Statthalter Ernst von dem „zerrütteten und verwüsteten Religionswesen zu Enns" 07 ). Die Verhältnisse blieben auch weiterhin 98 ) Die Akten im Musealarchiv, Bd. XL. 94 ) Außer den zwei Rädelsführern hatten gegen 20 Personen an den Hof- prediger Hand angelegt, doch war k ein Name herauszubringen. Der Salzamt- mann von Gmunden, den die Kommissäre nach Linz beriefen, entschuld igte sich mit Podagra. °') Ennser Akten im Musealarchiv, Bd. XI. 96 ) Die Archivalien über Hundtsperger sind, allerdings mit Unrichtigkeiten, verwertet von Loesche G., Zur Geschichte des Protestantismus in Ober-Osterreich, JGPO., Bd. XLV und XLVI (1925), S. 133. ") Ennser Akten des Musealarchi ves, Bd. XIV.

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