Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

135 drängt. Der Kaiser empfahl Gienger zur Verhütung großen Geschreis die Beibehaltung des bisherigen Gottesdienstes (Kommunion sub utraque, deutscher Psahneng·esang), aber erst nach einem zweiten kaiserlichen Mandat, das dem Landeshauptmann den Schutz des Dechants befahl, konnte der katholische Pfarrer in den Besitz seiner Pfründe gelangen und vierzehn J ahre ungestört wirken. Ebenso heiß ging der Kampf um die g-roße Pfarre Kir c hdorf im Kremstal 91 ) . Nach den ersten katho- lischen Ersetzungen Giengers in Spital und Windischgarsten bestieg Matthäus Hofmändl, Expfarrer von Windischgarsten, Freistadt und ei- nigen anderen Orten, die Kanzel seiner jüngsten Pfarre Kirchdorf und vereidigte seine Pfarrkinder, da das Papsttum und die Messe in Win- dischg·arsten wieder angerichtet würden, nie unter der Messe oder bei einem katholischen Priester zu kommunizieren und nie bei ihrer Seele Seligkeit die Messe zu besuchen. Geschickt wußte er seine Zitation nach Passau außer Kraft zu setzen. Gienger, der Hofmändl einen alten Spita- le. rischen Schulmeister nennt, bezichtigt e den Beschuldigten, er habe, wie sein Vorgänger Martin in Kirchdorf, als erster die alte katholische Religion in Spital und in Windischgarsten abgebracht. Trotz verschie- dE·ner Schritte des Bischofs, des Erzherzogs Karl als Statthalter, des Administrators von Schlierbach und des Bischofs von Bamberg gelang es Hofmändl durch zweimalige Interzession der Stände, sich bis sicher 1576, wenn nicht bis 1583, in Kirchdorf zu halten, wo auch in der Folge- zeit die Verhältnisse ung·emein schwierig blieben. Zur Kennzeichnung· der konfessionellen Lage in den Städten, die von der Religionskonzession ausgeschlossen waren, mögen die Zu- stände in Linz und in Enns (um 1570) dienen. In Linz kam es am Weihnachtstage des J ahres 1570 zu einem tä tlichen Angriff auf den katholischen Hofprediger der Königin Ka tharina von Polen. Die Kö- nigin war die zweite Tochter Ferdinands L und seit 1553 in unglück- licher Ehe mit König Sigismund II. August von Polen verheiratet. Sie hatte 1566 Polen verlassen und im Schloß von Linz ihren Wohnsitz aufgeschlag·en. Ein konfessioneller Federkrieg mit adeligen protestan- tischen Damen des Landes zeigte sie als entschiedene Katholik.in°~) . Am genannten Tage hielt der Prädikant des Georg Achaz von Losenstein in Linz eine Predigt , der auch der Hofprediger der Königin, Wilhelm von der Seüll, beiwohnte. Beim Verlassen des Gottesdienstes wurde der Hofpredig·er von einer Volksmenge angegriffen und geschlagen. Die eigentlichen Täter, ein kleines Mändl im weißen Kleid, wahrscheinlich ein Müller, und ein Schuhknecht, entkamen, zwei Zinngießer und ein Goldschmied wurden verhaft et, dann aber freigelassen. Der über den Vorfall erzürnte Kaiser ordnete die neuerliche Verhaftung der Verdäch- tigen und deren Einvernahme durch eine Kommission am Ort der Folter ohne peinliche Befragung an. Da diese Anordnung sich herumsprach, 01 ) Loesche G., Zur Geschi ch t e des P rotest a nti smus in Ober - Osterreicl.t, JBGPr., Bd. XLV und XLVI, S. 156 ff., und Museala r chiv, Bd. XXXV, Nr. 10. 92 ) In dem Brief a n Juditl.ta von Po llheim vom 16. Oktober 1568 erklärte si e ihre Vertrautheit m it der HI. Schrift . Ra upach, Bd. II, S. 173. Die Königin starb im Alter von vi erzig J a hren am 29. Februa r 1572 in Linz. Bibi V., Maximilian II., s. 358.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2