Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

134 Der Pfarrer war Lutheraner, zelebrierte keine Messe, reichte die Kom- munion sub utraque und hielt die Taufe in deutscher Sprache. Der Kaplan erklärte, er wolle die Messe lesen, aber die Äbtissin verbiete es . Diese war der Lehre Luthers ergeben und stand im Verdacht eines Ver- hältnisses mit dem Hofrichter. Die Wirtschaft war in besserem Stande, besonders wurde der ansehnliche Getreidevorrat auf dem Kasten lobend erwähnt. Mit dem Tode der letzten Schwester im Jahre 1571 war der Konvent erloschen und 1573 setzte der Kaiser die .Äbtissin ab und er- nannte Abt Ehrhard von Kremsmünster zum Administrator von Traun- kirchen. Die berühmte Abtei hatte vorläufig zu bestehen aufgehört und die ganze Reihe der inkorporierten Pfarren von Pinsdorf bis Aussee, die übrigens längst verprotestantisiert waren, sahen sich zwar nicht rechtlich, wohl aber tatsächlich mehrminder auf sich selbst gestellt. Das Erlöschen ihres kirchlichen Mittelpunktes war im Bunde mit der abges chiedenen Lage des Gebietes ein wichtiger Grund, der die völlige Herrschaft des Protestantismus im kaiserlichen Kammergut teilweise verständlich macht. Die bedrohliche Erhebung der Salzbergarbeiter- schaft in den Jahren 1601 /02 hatte ihre tiefste Wurzel in der baldigen Hinwendung der adeligen Nonnen Traunkirchens zum Bekenntnis ihrer Brüder und Verwandten. Allzulange ließ eine lebendige Erneuerung auf sich warten, und als die Gegenreformation mit der Faust zugriff, fl ammte unter der weitgehenden Förderung durch die Beamtenschaft der Aufstand der Salzarbeiter empor. Ein Seitenstück zu dieser Ent- wicklung· stellt der über J ahrzehnte sich ers treckende Kleinkrieg· Win- dischg·arstens und Kirchdorfs gegen die Tätig·keit des Dechanten von Spital, Johann Jakob G i e nger von Grün b ü h e 1, dar"") . Auf den abgesetzten Dechant Prug·gner war Eustach Taffner und nach dessen baldig·em Tod auf Drängen des Kaisers der Wiener Domherr Gienger als Dechant von Spital gefolgt. Er hatte am 14. November 1571 den gemessenen Befehl erhalten, statt der sektischen Geistlichen katholische Priester einzuführen, und begann mit diesem Auftrag in W i n d i s c h g a r s t e n. Der Prediger Bernhard Khümel und der Pfarrer von Windischg·arsten Andreas Grasl mußten das Feld räumen und nach dem kurzen Versuch mit einem Salzburger Pfarrer sandte Gienger , der sich meist in Wien aufhielt, einen „papistischen Pfarrer". Nach einem Schritt derWindischg·arstner bei den Landständen schilderte Gienger den Prädikanten und den Pfarrer als ewige Polterer und Lästerer auf der Kanzel, den Salzburger Pfarrer als Schuldenmacher, der bei seiner Vorladung bewaffnet mit Gefolge erschien. Der geheime Haupt- hetzer geg·en den neuen Pfarrer war der Hofrichter Ruprecht Hueber, dessen vertraulicher Brief an zwei Ratsbüger vonWindischgarsten zeigt, wie damals Volksbewegung gemacht wurde 00 ). Wirklich konnte der Pfarrer nicht Fuß fassen, sondern wurde von einem Prädikanten ver- 89 ) Vergl. den Anhang : Unruhige Bewegungen der Untertanen im Garsten- tale bei Stülz J., Wilhering, S. 388-432, und Annalen, Bd. XXI, BI. 833 ff. 99 ) Stülz J., Wilhering, S. 399 f. Aus dem Brief geht hervor, daß keineswegs der Rat von Windischgarsten zur Gänze ver läßlich protestantisch war und daß manch.e protestantische Windischgar stner mit dem katholischen Schulmeister von Spital und seinem Gehi lfen gute Freundschaft hielten.

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