Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

133 werden sollten, fanden sich die Schlüssel nicht. Di e Letzte Ölung schien ihnen vollständig unbekannt. Vom Chor hielten sie nur die Horen und die Vesper. Der Meßtext wurde arg verstümmelt. Der Abt war 27 J ahre alt, schlecht unterrichtet und Provinzvisitator dieses Ordens. Die Seel- sorge auf den 8 inkorporierten Pfarren war 5 Mönchen und 3 Welt- priestern anvertraut. Kirche und Sakristei zeigten Spuren von Vernach- lässigung. Es fanden sich luth eri sche Bücher, darunter Luthers Bibel- übersetzung. Die einfachen J ahressteuern betrugen 800 fl.. Ein schlecht unterrichteter Lehrer hielt Schule für einige Knaben. In einem kleinen Wandschrank fanden sieb Gefäße mit altem öl. Der Abt verantwortete sich, daß er keine Seelsorge habe. Hätte er Seelsorge auszuüben, so be- deuteten diese öle nichts für die Seele. Als ibm entgegengehalten wurde, daß es sieb um Sakramente handle, blieb er bei seiner Auf- fassung . Auf die weitere Frage, wo er das g·elesen habe, erwiderte er, er habe das sicher gelesen, erinnere sich aber nicht mehr, wo . übrigens verstehe er die m. Schrift nach dem Grundtexte, nicht nach den Aus- legungen anderer. Daß mit solchen Äbten nach den Absetzungen von 1567 keine Erneuerung der katholischen Religion durchzuführen war, bedarf keines Beweises . Zahlreiche Anzeichen sprechen dafür, daß um 1570 der Religions- kampf einen Höhepunkt erreichte. Es ging um die letzten Kraftreserven der katholischen Kirche, um die Klöster mit dem großen Netz der in- korporierten Pfarren. Kraftlosigkeit und Apathie auf katholischer Seite trafen mit größter Reizbarkeit und Angriffslust der protestantischen Bevölkerung zusammen. Daneben betraten die ersten Vorläufer der Gegenreformation den Schauplatz des Kampfes und suchten sich, viel- fach unter Lebensgefahr, zu behaupten. Leidenschaftlich leisteten ihnen Stadt und Land Widerstand und sie schienen für eine verlorene Sache zu kämpfen. Als wertvolles Ergebnis erwuchs allmählich eine reinliche Scheidung der Geister und das Zeitalter der Unentschi edenheit mit seiner Konfessionsmengerei und Verwischung der dogmatischen Gegen- sätze versank. In der Geschichte der katholischen Erneuerung werden gerade diese allerersten Anfänge, das Vorstadium der katholischen Reformation und der politischen Gegenreformation, stets denkwürdig bleiben. Die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten des Aufschwung·es lassen sich gut an zwei Vorgängen in verschiedenen Gegenden des Landes verfolgen: an dem Untergang des Frauenklosters Traunkirchen mit schweren Folgen für das ganze Salzkammergut, und an den Re- katholisierungsversuchen des neuernannten Dechants von Spital a. P. im Windischgarstner- und im Kremstal. Am 28. August 1570 hatte Maximilian den Klosterrat mit Erhebungen über Traunkirch e n be- auftragt87). Die als Visitatoren ausersehenen Äbte Erhard von Lambach und Martin von Mondsee entsandten ihre Hofrichter, auf Grund deren Berichte sie am 15. November 1570 eine Darstellung über den geistlichen und zeitlichen Zustand des Hauses an den Kaiser gelangen ließen 88 ) . 87 ) Krauter J. , Ein Vi sitationsbericht a us dem Jahre 1570 über das Nonnen- klost er in Traunkirchen, AGDL., Bd. III (190G), S. 377-382. 88 ) 0.-ö. Landesarchiv, Landschaftsakten, Bd. XCVIII, Fasz. 89.

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