Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

132 ein Spital mit 30 Armen. Die Schule besuchten ungefähr 80 Schüler aus der Umgebung. Dem Stift waren 8 Pfarren inkorporiert, die 6 Ka- noniker und 2 Weltpriester versahen. Die hl. Eucharistie war in einem Sakramentshäuschen aufbewahrt, vor dem 2 Lampen brannten. Große Kelche mit silbernen Röhren zeigten die Kelchpraxis an. Die Gesamt- zahl der Kommunikanten betrug 2000 85 ). Dem feingebildeten Humanisten fiel die große Bücherei mit den alten, vielfach an Ketten gebundenen Büchern, sowie der Mangel eines Index auf. Er trug den Kanonikern das Studium katholischer Bücher auf und empfahl ihnen besonders Beichtbüchlein und den Catechismus Romanus und das Studium der lateinischen Sprache. Kirche und Kloster fand der weitg·ereiste Kirchen- fürst überaus schön, die Ausstattung der Sakristei sehr reich und prächtig. In Kirchberg war vor dem Wandschränkchen für die hl. Eucharistie das Licht ausgelöscht, im Tabernakel fanden sich vier alte Partikel. Ungefähr 100 Personen kommunizierten sub utraque, 2000 nach der alten Form, und zwar auch zu Weihnachten und Pfingsten. Schwangere Frauen empfingen die hl. Kommunion öfters. Der Pfarrer wußte die Taufformel nicht auswendig, Tauf- und Firm- matrikeln fehlten. Zur Beichte wurde eine Salzburger Agende benützt mit Ausnahme der reservierten Fälle. Die Absolutionsformel kannten sie nicht 80 ). Der Pfarrer benützte zur Predigt Eck, Wild und einige andere katholische Lehrer. Die liturgischen Bücher waren in Ordnung. Ein Lehrer war im nahen Kloster für 80 Buben, von denen 20 Kirchen- dienste machten. Zum Unterricht benützte er die Grammatik Melanch- thons, las Ciceros Schrift „de officiis" und Vergils Bukolika. Auch den Mönchen las er die Grammatik und den Katechismus des Canisius vor. Vom Trienter Konzil wußten sie nichts, die Form der Eheschließung be- achteten sie als alten Brauch, nicht als Verfügung des Tridentinums . Eine aufgelegte Unwahrheit angesichts des wirklichen Sachverhaltes war die Behauptung·, von Häretikern in der Pfarre wüßten sie nichts, • und wenn solche kämen, verjagten sie dieselben. In Kremsmünster war die hl. Eucharistie in einem Armarium über einer Säule verwahrt, zu deren Rechten eine Lampe brannte. Im Tabernakel fanden sich alte Partikel. Die Sakristei war weniger reich ausgestattet als in St. Florian. Insassen waren der Abt und zehn Mönche. Das Kloster wies 14 Pfarren aus, die von je einem Mönche versehen wurden. Die Pfarrer wurden zur Approbation in Passau präsentiert. Der oben erwähnte Lehrer unter- richtete die Mönche in der Grammatik Melanchthons und im Katechis- mus des Canisius. Das Kloster hatte gute Einkünfte und zahlte jähr- lich, abgesehen von den außerordentlichen Steuern, 1800 fl. Steuer (1300 fl. die Untertanen, 500 fl. das Haus). Der Visitator ordnete unter anderem die Anlage von Tauf- und Trauungsmatrikeln, den Gebrauch von Beichtbüchlein und die Verwendung einer anderen Grammatik an. W i 1h e r i n g war arg vernachlässigt, die Kirche naß und nicht ge- schmückt und kein Sanktissimum vorhanden. Als die hl. öle vorgezeigt 8 ') Ursprünglich war 1000 geschrieben. Die Zahlen zeigen, daß es sich nur um ungefähre Schätzungen handelt. 86 ) Die Mehrzahl des Berichtes bezieht sich wohl auf die Mönche Krems- mlinsters.

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