Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

131 guarda 0. Pr. 82 ), eines Mannes, der im chaotischen Gewoge der Zeitver- hältnisse den klaren Blick für das Wesentliche mit vorbildlicher Zähig- keit in der Verfolgung seiner Ziele vereinigte. Sein Plan war die Ent- fachung katholischen Lebens in den Gebieten katholischer Fürsten, die Bildung von Kristallisationskernen für den weiteren Umkreis und die Durchführung des Tridentinischen Priesterseminars. Noch vor dem Trienter Seminardekret hatte er auf Seminare in Salzburg und in Passau gedrungen, denn noch immer wurden Kandidaten zu den Weihen zu- g·elassen, die kaum lesen konnten 83 ) . Vorläufig handelte es sich um die Durchführung der Synodalbeschlüsse, für welche Ninguarda von Gregor XIII. Breven empfing·. Ein zweites Salzburger Provinzialkonzil schien ihm der Idee des neuen Papstes am besten zu entsprechen, doch sollte sich seine Verwirklichung noch bis 1573 hinausziehen. Für die kritische Zeit nach der ersten Salzburger Provinzialsynode des Jahres 1569 fallen durch die V i s i t a t i o n d es Kar d in a 1s 0 o mm e nd o n e Streiflichter auf das kirchliche Leben des Landes ob der Enns und bestätig·en den schweren Verfallszustand aufs neue 8 '). Der Kardinal hatte nach der Erteilung der Religionskonzession an den protestantischen Adel in außerordentlicher Mission in Wien geweilt und sollte während seines Aufenthaltes auch einige Kirchen und Klöster visitieren und reformi eren. Da Commendone im Lande ob der Enns nur vier Orte (am 17. Februar 1569 Kirche und Kloster von St. Florian, am 20. Februar die Pfarrkirche Kirchberg bei Kremsmünster und das Kloster Kremsmünster, und am 23. und 24. Februar das Kloster Wilhe- ring) besuchte und sich dann nach Passau begab, handelt es sich in seinem Fall nicht um eine vollständige Klostervisitation, sondern nur um einige, an maßgebenden Orten vorgenommene Stichproben. Die Be- sonderheit dieser Visitation lag im Auftraggeber, war sie doch die einzige· unter den zahlreichen Visitationen des sechzehnten Jahrhunderts, die von Rom und überhaupt von einer kirchlichen Stelle ausging. Zum Unterscliiede von den kaiserlichen Visitationen beschränkte sich diese Untersuchung auf rein geistliche Angelegenheiten (Sakramente, Di szi- plin, Zeremonien). Sie war der erste, freilich ohne nachhaltige Wirkung vorübergegangene Versuch, die alte Kirche des Landes mit dem Geist des Trienter Konzils in Berührung zu bringen. Di e Ein z e 1h e i t e n ergaben ein beklemmendes Bild. In S t . F 1o r i an traf Commendone den Propst und 9 Kanoniker, von denen keiner lateinisch sprechen konnte. Das Kloster hatte 35 Sängerknaben unter einem Lehrer und 82 ) Seheilhass K ., Der Dominikaner Felician Ninguarda und die Gegen- 1·eformation in Süddeutschland und österreich; derselbe, Akten zur Reformtätig- keit Felizian Ninguardas, insbesonders in Bayern und Österreich während der Jahre 1572- 1577. P astor , Bd . IX 8 - 10 , S. 451 ff. Zu der dort angegebenen Literatur i st nachzutragen: P . Fe!. Ninguarda, Constitutiones et Decreta concinnata atque in Provinciali Synodo Salisburgensi edita 15G9. Dilingae, Mayer, 1574. Quart. Ein Exemplar in der Linzer Museal bibli othek. Nr. 4210 des Kataloges von Ban- calar i (Linz 1897). 83 ) Schmidlin, Bd. II, S. 4. 84 ) Mayr M., Cardina l Commendones Kloster- und Kirchenvisitation von 1569 in den Diöcesen Passau und Salzburg, StMBO., Bd . XIV (1893), S. 385 ff. und SA. , Pastor, Bd. VIII'"-"• S. 471 ff., Hopfen, S. 312 ff. 9•

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2