Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

122 konnte. Entsprechend dem Ratschlage Giengers hielt Ferdinand auch am Gedanken der Priesterehe fest und leitete eine diesbezügliche Bitte am 17. Juni 1564 an den Papst. Der Kelch werde, führte die Be- gründung aus, in erster Linie von beweibten Priestern gepredigt, die aus Furcht vor Strafe die Kirche angriffen. Außerdem sei es unmög- lich, viele Seelsorgsposten mit 1mbeweibten Priestern zu besetzen. Ma- ximilian II. übernahm die gleiche Forderung sofort nach seinem Re- gierungsantritte, doch starb Pius IV. am 9. Dezember 1565, bevor er eine Entscheidung getroffen hatte, und die Frage blieb weiter in Schwebe. Es steht außer Zweifel, daß diese öffentlich bekannten Ver- handlungen der tatsächlichen Priesterehe, die zwischen 1580-1600 im Lande ob der Enns ganz allgemein wurde, Vorschub leisteten und bei einer kritischen Würdigung der sittlichen Verhältnisse im katholischen Klerus in Rechnung gezogen werden müssen. Zu den verschiedenen Umständen, welche die Bildung eines irrigen Gewissens in der Frage des Zölibates ermöglichten, war ein neuer getreten. Da. nach der Visi- tation von 1566 Maximilian IL wider Erwarten mit der Absetzung der beweibten Prälaten vorging, schied die Priesterehe vorläufig aus dem Umkreise der dringlichsten Zeitfragen aus. Di e vom Augsburger In- terim von 1548 vorgesehene Grundlage der Einigung, Pries terehe und Laienkelch, war angesichts solcher Erfahrungen hinfällig· geworden. An eine Vergleichtmg der spaltigen Religion war vorläufig nicht zu denken, vielmehr verschwanden die Umrisse dieses idealen christlichen Gedankens in immer nebelhaftere Fernen. Auch die kathol ische Kirche in den österreichischen Ländern mußte sich bei dieser Lage auf die Quellen der eigenen Kraft besinnen und trotz aller Trümmer und Ruinen endlich ihren inneren Neubau versuchen. Als Grundsteinlegung des Wiederaufbaues kann der R e z e ß z ur D u r c h f ü h r u n g d e r T r i e n t e r K o n z i 1 s b e s c h l ü s s e vorn 5. September 1564 zwischen Herzog Albrecht von Baiern, dem Salz- burger Erzbischof und anderen Bischöfen betrachtet werden. Der Weg vom Regensburger Konvent von 1524 und seinen Abmachungen bis zu diesem Rezeß war trostlos gewesen. Er verkündete laut allen auf- merksamen Beobachtern der Zeitvorgänge, daß mit Politik all ein weder die Glaubensspaltung· überwunden, noch die katholische Kirche gerettet werden konnte. Ganz anders nach dem Trienter Konzil, das die lrn- tholische Glaubenslehre unter Bezugnahme auf den Protestantismus klar herausgestellt und ein tiefgreifendes Reformprogramm festgelegt hatte. Bis zu dessen Durchführung war ein weiter, mill1evoller Weg, aber der Anfang war gemacht. Und ist es auch eine Tatsache, daß in Österreich der mächtige Arm des Landesfürsten der katholischen Kirche den Weg bahnte, ebenso sicher ist die andere Tatsache, daß nunmehr eine Idee, ein geistiges Prinzip, uncl nicht mehr de r politische Wille des Fürsten allein kämpfte. Unter Maximilian wurde wieder Passau, nicht Wien, der Mittelpunkt der Diözesanregierung und dtJr katholischen Erneuerung. Das Hauptverdienst gebührt der kraftvollen Persönlichkeit Urbans von Treubach, der es verstand, das schwierige Werk der Zusammena rbeit von Kirche und Staat in die Wege zu leiten.

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