Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

121 Freiheit mehr für sich herauszuschlagen, so galt das nm. solange, als der Weg der vollendeten Tatsachen gangbar war. Ein Stillstand oder ein Rückschlag konnte es um alles bringen. Vorläufig waren die Stände sicher, daß die Regierung nicht die Folgerungen aus ihrem Verhalten ziehen werde, denn das wäre gleichbedeutend g·ewesen mit der Anerkennung ihrer staatsrechtlichen Selbständigkeit, die eben Wien um keinen Preis zugeben wollte. Kein Zweifel, sie waren bisher den revolutionären Weg· entschlossener Selbsthilfe gegang·en, der sie über Bekämpfung· und notgedrungene Duldung· bis zur Anerkennung der Religionskonzession emporg·eführt hatte. Aber es fragte sich, ob die Stoßkraft der Bewegung und die günstig·en Umstände gleichge- blieben waren. Beides war nicht mehr der Fall und in der Ni chtbe- :whtung der veränderten Lage bestand der erste entscheidende Fehler <ler Konfessionspolitik der lutherischen Stände. Uneinigkeit und ge- schichtliche Belastungen hatten den österreichischen Protestantismus hloßg·estellt, der neue Herrscher galt als katholikenfreundlich, die große europäische Politik zeigte dem Protestanti smus nicht mehr das freund- 1 iuhe Ges iebt der Zeit um die Mitte des Jahrhunder ts, und vor allem schickte sich der totg·eglaubte Katholizismus in Österreich an, sich auf- z.uricbten und selbsttätig in den Kampf der Geister einzugreifen. Dieser Zusammenhang zwingt dazu, die Lage der katholischen Kirche im Lande ob der Enns unter Maximi lian kurz ins Auge zu fassen. III. Die Lage der katholischen Kirche im Lande ob der Enns unter Maximilian II. und die ersten Bemühungen um ihren Wiederaufbau, 1564-1576. Als Ferdinand I. am 25. Jun i 1564 starb, verließ er diese Welt in dem Bewußtsein, mit dem Lai e n k e 1 c h der kirchlichen Einigung einen letzten großen Dienst erwiesen zu haben. Auf katholischer Seite begegnete das Kelchbreve vereinzelter begeisterter Zustimmung, meist aber starker Zurückhaltung und ausgesprochenem Mißtrauen. Ein be- merkenswertes Beispiel, wie rasch sich Kelchfreunde zu Kelchg·egnern wandelten, bietet Herzog Albrecht V. von Baiern. Auf keinen Fall er- füllte der Laienkelch di e auf ihn g·esetzten Erwartung·en eines Eini- g1mgsmittels. Er konnte das auch nicht sein, denn er war in Wirklich- keit ein äußeres Symbol, hinter welchem beide religiöse Heerlager etwas ganz Verschiedenes erblickten. Beide Teile riefen : Kelch! ver- standen aber etwas ganz anderes darunter. Die Katholiken meinten den Empfang beider in der Messe konsekrierteiJ Gestalten des Brotes und Weines, die Protes tanten Abschaffung· der Messe und Feier des Abendmahles unter beiden Gestalten außerhalb der Messe. Di e kaiser- li che Religionspolitik starrte wie hypnotisiert nur auf den Kelch, über- sah jedoch die grundverschiedenen theologischen Anschauungen und ver- ga ß, daß der Kelch innerhalb uncl außerhalb der Kirche begehrt werden

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