Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

107 Weg und so wurde die Enns ein tieferer Trennungsstricli zwischen beiden Ländern denn je. In heißem Streben um die Verbri efung der Religionsfreiheit und um eine Ständeburg in Linz kreuzten sich zwei Komponenten der landständischen Politik, die religiöse und die staats- rechtliche. Seit der Ausdehnung· des Untertanenverhältnisses auf den Ge- wissensbereich standen in allen Ländern der Landesfürst und sein Rat- g·eberkreis im Vordergrunde der Religionspolitik. Der Relig'ionskampf drehte sich sozusag·en um einen Mann. War dieser gewonnen, so war alles gewonnen, gelang es, ihn nur teilweise zu g·ewinnen, so mußten die Auswirkungen dieser Teilerfolge schon mächtig sein. Maximilian be- trat die Bühne der großen Politik als Mann der Erwartungen des Pro- testantismus. Wohl hatte er sich in der Wahlkapitulation von 1562 zum Schutze des Papstes und der Kirche verpflichtet, aber in der Erinne- nmg der Landstände lebte er als der den Protestanten stets wohlge- sinnte Erzherzog. Wenn der österreichische Protestantismus unter diesem Kaiser seinen ersten Höhepunkt erreichte und dennoch von diesen Erfolgen enttäuscht war, so hing das mit der e ig e nartig e n Pers ö n 1 ich k e i t M: a xi m i l i ans zusammen. Weder uie Ge- samterscheinung dieses Herrschers noch sein religiöses Charakterbild sind bis heute einwandfrei geklärt?) . Ob man in ihm den edlen Pro- testanten der Gesinnung·, der aus Staatsraison nicht frei handeln kann (Ranke), oder einen Heuchler (Janssen), ob einen Anhänger des „Kom- promißkatholizismus" (Stieve und Hopfen), eines dogmenfreien Christen- tums im Sinne des Erasmus, oder den ersten Vertreter der Aufklärung (Bibi) erblickt: sicher ist nur, daß das religiöse Bild dieses Kaise rs nicht auf eine einheitliche Formel geht. Auf dem Hinterg runde einer anscheinend untergehenden alten Welt und des Emporkommens einer neuen Welt, die aber rasch geschichtliche Belastungen anreicherte, in- mitten des Widerspruches zwischen dem reinen Evangelium und der ge- harnischten Wirklichkeit, der Reibungen zwischen landesfürstlicher Herr- lichkeit und dem überall angerufenen persönlichen Gewissen, bei dem betäubenden Getöse von Religion und Politik, die wie ein vereinigter Strom die Räder des Zeitgeschehens trieben, erwuchs ein Fürstentypus, den nicht persönliche Gesinnung·, sondern Staatsraison, Diplomatie, Taktik und heiliger Eigennutz formten. Gewiß, :Maximilian fällt aus dem Rahmen der fürstlichen Kolleg·en seiner Zeit, doch nur deshalb, weil er häufig vorkommende Züge in einer Person vereinigte. Dafür hatte er im verworrensten Zeitabschnitt zu entscheiden und stand auf dem Posten, der am heißesten umbrandet war. Daß die rasche An- passung an den raschen Wechsel auf dem großen Welttheater nicht die politische Leitlinie Maximilians war, daß dieser „rätselhafte" Kaiser ein Konzept der mittleren Linie verfolgte, erhellt gerade aus seiner Politik in den Erbländern Österreich ob und unter der Enns. Im Lande ob der Enns empfingen die lutherischen Stände Maxi - milian als einen der Ihrige n, holten sich aber gleich mit der ersten Sup- ') Bibi V., Maximilian II., il er riit.selba[te Kaiser. Dort S. 4l9- 42'J die ge• sn mt1o1 e inschlägige Literatur.

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