Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

102 Nach der Wiener Konferenz, welche die Vertreter der drei geistlichen Kurfürstentümer, Salzburgs und Baierns im Juli 1563 abgehalten hat- ten, entschloß sich der Kaiser, beide Gegenstände nicht vom Konzil, sondern vom Papste zu erbitten. Ferd inand erlebte noch die Publika- tion des Laienkelches in Wien am 18. Juni 1564, fünf Wochen vor seinem Tode. Dagegen zog sich die Antwort wegen der Priesterehe trotz der Bemühungen Maximilians hinaus. Dieses Ergebnis und der ' vorwärtsdrängende Gesamtverlauf der Dinge führten die Regierung· au f den früheren Vorschlag Giengers, eine gründliche „dritte Handlung" gegen die Klöster zurück, die schon in die Regi erungszeit :Maximilians TT. fällt. Die lutherischen SULnde hatten unterdessen ihren Widerstand geg·eu die Reformationsartikel fortgesetzt. Der Sommerlandtag vom 11. bis 17. August 1562 bot ihnen die günstige Gelegenheit, in der Re- lig·ionsfrage noch einmal einen scharfen Vors t o ß zu unternehmen. Verschiedene Umstände legten ihnen die neue Offensive nahe. Die Ein- gabe des Prälatenstandes durfte nach Ton, Zeitumständen und nach den mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmenden vertraulichen Vorbespre- uhungen als ein Zeichen gewertet werden, daß auf der Prälatenbank mehr minder „Religionsverwandte" ,:aßen. Außerdem wehte von Passau herab ein ungewöhnlich scharfer Wind. Urban von Trenba h hatte die sofortige Entfernung· all er nicht von ihm approbierten Pries ter und Prädikanten gefordert und jede Annahme eines Pfarrers oder Seel- sorgers ohne des Bischofs Bewilligung in Zukunft tmtersagf 10 ) . Ent- scheidend war jedoch die A n w e s e n h e i t Maxi rn i I i an s, dessen lutherfreundliche Gesinmmg· die Stände wohl kannten und auf den sie mit dem erbländischen Protestantismus ihre Hoffnung setzten. Auch die Regierung war sich klar, daß diesesma.1 im Lande ob der Enns der Kampf um das Junktim Geldbewilligung/Religionsvergünstigung be- sonders heiß sein werde und mag nicht ohne Berechnung den Thron- folger vorgesch ickt haben. Nach der feierlichen Verlesung der Proposition am 11. August im Schloß von Linz in Anwesenheit des Königs begann sofort der Kampf zwischen Schloß und Rathaus~ 71 ) . Nach der neuerlichen Verlesung des kaiserlichen Begehrens und der Proposition im Rathaus verlangten die weltlichen Stände vor dem Eing·ehen in die Debatte die Abstellung zweier großer Beschwerden, die sich beide auf die Abschaffung der protestantischen Pfarrer und Kirchendiener bezogen, die Prälaten ent- sclmldigten sich mit dem Hinweis, daß sie beim Kaiser um die Ein- stellung· einiger Ar tikel nach der Visitation gebeten hätten. Schließlich faßten di e Stände ihre Forderungen in eine Schrift (,,Anlangen in Re- ligionssachen") zusammen, die sie am 14. August in Beisein der ganzen Landschaft l\faximilian überreichten. Der Erzherzog versprach die Durchsicht und jede mögliche Beförderung ihrer Angelegenheiten beim " 0 ) Das Geucralnrnndat; ist vom rn. lllai 1562. Unter dem gleichen Datum und 11m 6. Juli 1562 wurden zwei friihe1·e lllandnte wegen der Vcrlussenschart der Geistlichen erneuert. Wiedemann, Bd. I, 8. 177. "') Stndturchiv Gmunden, Akten , Bd. II, Nr. 5, und Aunuleu, ßd. l.X, Bl. ~(;;\"- 769 .

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