Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

100 Daß die L a nd s t ä n d e di e Visitation ni cht stillschweigend hin- nehmen würden, war zu erwa rten. Die Handhabe zum offenen Wider- sta nd bot ihnen eine Jebenbandlung· zwischen Visitation und Refor- mation. Ferdinand hatte nämlich ein g·euanes Verzeichni s der geist- lichen Gilten angefordert und mit dieser Angelegenh eit zwei Kommi s- siLre betraut. Den dringenden Befehl Ferdinands vom 18. August 1561° 65 ) beantworteten di e Verordneten am 2. Dezembe r so hinterlüiltig, daß da s Zusammenspi el der ganzen Landschaft kl ar zutage tritt. Unter dem offen ausgesprochenen Verdacht, daß di e Giltenbeschreibung di e Landschaft zersprengen wolle, v erwe ig·erten sie a ll e genauen Au s- künfte und verwi esen den Ka iser auf di e bei der Visitation herange- zogenen Steuerbri efe der einzeln en Klöster. Die angebli che Ni cht- zuständig· lceit konnte di e Unverschämtheit ihrer Antwort ni cht ver- schl eiern. Es stand übel mit der Macht des La nd esfürsten bei einer solchen Kräfteverteilung. Erfolgte der konfession elle Zusammenschluß all er Stände, dann war trotz des katholi scben La ndesherrn das Land ob der Enns protestanti sch geworden. Eine wohl im J ahre 1562 er- folgt e S t e l l u n g n a h m e d e r d r e i w e l t I i c h e n S t ii n d e z 11 r V i s i tat i o n empfahl dem Kai ser die Aufh ebung l er Reform- artikeF00) . Die meisten Pfarren di eses Landes se ien den Klöstern in- korpori ert, daher seien di e Landl eute, Städte und Märkte ohn e eig·ene Pfarren des schon 25 Jahre währenden reinen Gebrau ches des hoch- würdigen Sakramentes verlusti g und mit ihn en der g rößere Teil ihrer Untertanen. Die Eingabe zog Ungarn , Böhmen, Mähren und Schlesien an, denen kein e sol chen Artikel a uferlegt worden seien, und sprach rlie Hoffnung aus , daß si e mit den Reichsständen dem Augsburge r Re- lig· ionsfri eden von 1555 „einverl eibt" seien. Unter Berufung auf ihre Hilfen für das Ha11s Österreich und auf rli e Handlungen von 1541 (Prag), 1552 (Passau), 1555 (Augsburg) und 1556 (Wien) hatten ihre Gesandten foßfällig rnn di e Abstellung der Reformation , um Schutz für ihre Pri est er und Schulmeister und um Löschung der durch die Reformation sartikel den Prälaten und Dechanten ve rli ehenen Gewalt zu bitten. Als wertvollster Ertrag der Visitation des Jahres 1561 ergab sich für Ferdinand nnd die Reg·i erung di e volle Kl arheit über den Ernst der Lage . Als an ch der Prälatenstand aus den Ergebni ssen der Visi - tation seine Folgernngen zog nnd mit schwerwiegenden Vorschlägen a n den Kai ser herantrat, war für Ferdinand der Augenbli ck zu einer entscheidend en Tat gekommen. 4. Die Eingabe des Prälatenstandes um Laienkelch und Priesterehe. Das Reformationslibell Ferdinands I. vom Jahre 1562 und die Lage der ,,spaltigen Religion" beim Tode des Kaisers. Das wi chtig·ste Ergebnis der Visitation des Jahres 1561 war di e Ein g ab e d e s Präl a t e nstand e s d e s Lancl e s ob d e r 1''. n n s vom 24. J~i,nner 1562 an Kaiser Ferdinand I. 11 m di e Ge- "') A nnalen. ß<l . IX. BI. 72!! . , ..) Unu a tierte Ahscbrift im Musealarchiv. Tld. XXXV, Fasr. . XXI, Nr . 4.

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