Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

92 Bedrängnis der katholischen Religion in den Städten erkennen lassen. Die Haltung des Prälatenstandes auf den Landtagen und die Be- schwerden des Passauer Ordinariates konnten den Kaiser nicht dar- über im unklaren lassen, daß der größere Teil der Prälaten dem Luther- tum zuneigte. Höchste Gefahr war im Verzuge. Die Klöster waren nicht nur dazu bestimmt, Mittelpunkte des religiösen Lebens und der ka- tholischen Erneuerung· zu sein, sie bildeten als mächtige Grundherr- schaften die Grundlagen der Finanzwirtschaft. Ihre Vorstände mußten als Prälatenstand die katholische Politik der Regierung im corpus der Landstände vertreten. Erlagen die Landklöster dem Luthertum, so brachen zwei Voraussetzungen der katholischen Erneuerung und eine wichtige Reserve für die Selbstbehauptung der Erbländer zusammen und die Stellung des katholischen Landesfürsten wurde unhaltbar . So bestimmten nicht nur religiöse, sondern ebenso gewichtige staats- politische Gesichtspunkte Ferdinand zur Klostervisitation des Jahres 1561, die auch von Rom gebilligt wurde 246 ). Am 18. Februar 1561 erteilte Ferdinand einer Kommi ssion die Vollmacht, sämtliche Klöster Österreichs unter und ob der Enns zu besuchen und die Prälaten, Konventualen und Beamten über 52 Punkte zu befragen 247 ). Mit den letzteren war auch die Wirtschaft zu be- sprechen. Zur Überprüfung der Aussagen sollten die Kommissäre in den umliegenden Orten geheime Erkundigungen einziehen. Man hatte aus der Visitation von 1544 gelernt, auch unter Eid abgelegten Aus- sagen zu mißtrauen, denn vielfach hatten sich Geistliche und Welt- liche zuvor im geheimen untereinander verabredet. Die Visitation der Klöster im Lande ob der Enns begann am 9. April. Kommissäre waren Franz Freiherr von Sprinzenstein, Dompropst in Wien, Dr. Matthias Wertwein, Dompropst in Wien, Sigismund öder, Reg·ierungsrat der niederösterreichischen Länder, und Magister Stephan Gässel. An die Stelle der letzteren traten der Hofsekretär Dr. Johannes Gösel und der Schreiber Veit Geilel. Passau ordnete den Offizial Dr. Christoph Hil- linger von Wien und für das Land ob der Enns den Dechant von Tulln bei. Das Ergebnis war niederschmetternd 248 ). Hillingers Bericht an 24•) Wiedemann, Bd. I, S. 151. 247 ) Wiedemann, Bd. I, S. 154 ff., Hammer-Purgstall, Klesl's Leben, Bd . I, Urkundenbuch S. 34 ff., Bucholtz, Bd. VIII, S. 211 f . 248 ) Hager E., Zur Geschichte der oberösterreichischen Stifte im Zeitalter der Reformation. LMB, Bd. LXXVIII (1920), S. 32 ff. Die Arbeit behandelt nach den Verhörsprotokollen vorzüglich die Zustände in Spital a . P. im .Jahre 1561, enthält aber auch Streiflichter auf die meisten übrigen Stifte des Landes aus den Visitationen von 1561 und 1566. Verhörsprotokolle aus der Visitation von 1561 liegen noch von Traunkirchen vor, gedruckt in Weißbacher/Hartenschneider, Alt- münster, Kirchliche Topographie, Bd. XIV, S. 264 ff. In den Annalen, Bel. IX, Bl. 729, erwähnt ein Bericht der Stände an Ferdinand vom 2. Dezember 1561 die ,,Visitationshandlnng". Raupach, Bd. I, S. 59, hat nur eine allgemeine Bemer- kung über Kirchenvisitationen und über die Bemifönngen der Katholiken bei Hof, mit Beihilfe des weltlichen Armes die Wahrheit zu unterdrücken. Die Be- sorgnisse der Protestanten über diese „ganz beschwerlichen Reformationen und Visitationen der Geistlichen im Laude unter und ob der Enns" sprechen aus der Religionssupplikation der drei Stände unter der Enns vom .Jahre 1562. Haupach, Bd. II, Beilagen , S. 113 ff .

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