Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

91 das aber geschehen sollte, würde durch die landesfürstliche Obrigkeit Einsehung g·etan. Daran möge es der Klerus und sein Ordinarius ge- nügen lassen. Die Spannung des i u s p a t r o n a tu s d e r V ö g t e, so daß diese ohne Wissen und Beisein des Ordinarius nichts handeln könnten, sei nicht nur gegen das Recht und Herkommen der Landleute, sondern für den Kaiser als höchsten Vogt der Kirchen und geistlichen Güter nicht tragbar. Weder dem Ordinarius noch den Landleuten sei von seinen Vorfahren eine solche Immunität gestattet worden. Andere Gründe dagegen könne der Kaiser aus dem Salzburger Provinzialkonzil von 1549 ersehen. Er möge nicht ges tatten, daß der Ordinarius im Lande noch mehr Fuß fasse, der bischöflichen Jurisdiktion geschähe kein Eintrag. Die V e r z ö g e r u n g d e r P r ä s e n t a t i o n u n d K o n firm a t i o n entschuldigten die Stände mit der geringen Be- werbung und mit der Verödung vieler Pfarren und Benefizien im Lande und bezeichneten beschwerliche Examina und hartes Gefängnis als Hauptschuld der mangelnden Kompetenz. Freies sicheres Geleite und Examina nach der Hl. Schrift ohne Anschläge der „Cuesten" und Offi- ziale würden die Priester bewegen, wieder nach Passau zu kommen. Die V e r w e i g e r u n g· d e r S e p u 1 tu r für Kommunikanten sub utraque außerhalb ihrer Pfarren möge verboten werden. über den leichtfertigen Pf a r r e r v o n G r i e s k i r c h e n hätte sein Vogt Sieg- mund von Pollheim wiederholt vergeblich dem Bischof g·eschrieben, der Pfarrer sei nur noch frecher und sicherer geworden. Auf das Ge- rücht von seiner bevorstehenden Bestrafung habe er heimlich den Pfarr- hof Grieskirchen ausgeraubt und sich bei Nacht davongemacht und solle außer Landes sein. Die Flucht falle daher nicht dem Vogte zur Last. Die hämische Bemerkung· über die Furcht des Pollheimers vor der Verletzung der geistlichen Immunität, wenn er den Pfarrer ver- haftet hätte, lüftet auf einen Augenblick das Visier dieser lmiffigen Verantwortung. Das Gesicht, das uns daraus entg·egenblickt, ist das Antlitz eines Ritters, der nicht nur mit dem Schwerte, sondern auch mit der Feder alles wagt. 3. Die Visitation und „Reformation" der Klöster im Jahre 1561. Dem bisherig·en Verlaufe der Religionsfrage war zu entnehmen, daß die Landstände den Sieg ihrer Konfession nicht mehr auf dem Boden des Rechtes, sondern auf dem Felde der Wirklichkeit erhofften. Jeder Fortschritt in der Verbreitung und Vertiefung ihres Bekennt- nisses minderte die Bedeutung der Rechtslage herab und umgekflhrt. Daher ließen sie nicht nur den Tatsachen den Vortritt, sondern hofften, durch die Wucht der vollzogenen Religionsänderung das Nein des Landesfürst en auszuschalten oder in ein stillschweigendes Ja umzu- ändern. Wie die Trümmer eines geschlagenen Heeres fluteten die An- hänger der alten Kirche zurück, Stellung um Stellung ging verloren. Inmitten dieser Verwirrung und des Zusammenbruches kam alles dar- auf an, wie sich und ob sich di e Klöster hielten. Die allgemeine Visi- tation des J ahres 1544 hatte Ferdinand bereits die Größe der Gefahr für die Pfarren, ·der Untergang der Mendikantenklöster die steigende

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