Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

87 lagen. Unter Urban von Treubach wurde das Passauer Ordinariat all- mählich wieder der Mittelpunkt des Abwehrkampfes gegen den Pro- testantismus, was unter Ferdinand I. die Wiener Staatskanzlei gewesen war. Durch Wahrung der kirchlichen Rechtsansprüche, durch Versuche innerer Erneuerung, durch Ausbau und Pflege der Beziehungen zur Nuntiatur und zum Hof und durch die Betreibung der Gegenreformation nach dem zweiten obderennsischen Bauernaufstand gelang es diesem unbeugsamen Kirchenfürsten, namhafte Reste des katholischen Glau- bens im Lande ob der Enns durch trostlose Jahrzehnte hindurch zu retten und so den Untergang der katholischen Religion zu verhindern. Die von einem allmählich umgewandelten Prälatenstand und den J e- suiten angebahnte innere Reform festigte im Bunde mit der politischen Gegenreformation den katholischen Besitzstand im Lande so sehr, daß ihn der Rückschlag unter Matthias nicht mehr austilgen konnte. Ein glücklicher Umstand verlieh schon vor der Bischofsernennung dem Eingreifen dieses Mannes in die kirchlichen Geschicke des Landes besonderen Nachdruck. Am 17. Februar 1560 hatte die Obedienzleistung des kaiserlichen Gesandten in Rom vor Pius IV. den schweren Zwist zwischen Kai ser und Papst aus der Welt geschafft und Ende März ging Stanislaus Hosius, Bischof von Ermelland, als Nuntius nach Wien' 40 ) . Sofort suchte Urban von Treubach Fühlung mH diesem aus- g·ezeichneten Diplomatenm) und ins truierte den Offizial Hillinger über die Vorgänge irri Lande ob der Enns . Hillinger sollte den Nuntius ver- traulich unterrichten und die Abstellung der Übelstände betreiben. Das Bild, das die Instruktion von den Z u s t ä n d e n i m L an d e o b d e r E n n s entwirft, ist düster genug. Erschrecklicher Abfall und Widerstand des gemeinen Mannes gegen die Geistlichen waren im Schwang·e. In H a 11 s t a t t und G o s au trieben zwei abgefallene Priester ihr Unwesen. In Hallstatt wären der an den Landeshaupt- mann geschickte Pedell und der Landrichter beinahe in die siedende Salzsud oder in den glühenden Ofen geworfen oder in Stücke zerhackt worden. Mit Mühe konnten sie in das Schloß gebracht werden, das aber von einigen tausend durch den Glockenstreich aufgetriebenen Leuten erbrochen wurde. Wäre dem Pedell nicht im geheimen aus- geholfen worden, hät te es ihn das Leben gekostet. Die gleiche Gewalt- anwendung erfolgte in G r i e s k i r c h e n, wo verführerische Prediger in der Gegend des Propstes von St. Nikola, dem diese Kirche inkor- poriert war, auftraten. Die Verordneten einer Kommission mußten bei dem großen Zulauf des gemeinen Mannes unverrichteter Dinge ab- ziehen. Sebastian Jörger von Tollet leistete diesem Aufruhr seinen Beistand. Urban hob hervor, daß dieses Einschreiten nicht wegen des Laienkelches und wegen der vermeinten Priesterehe erfolge. Er hätte ·wegen dieser zwei Artikel angesichts der offenen Toleranz Seiner könig- lichen Majestät und besonders nach der kaiserlichen Erklärung zu Augs- 240 ) Seine Religionsgespräche mit Erzherzog Maximilian bei Raupac h, Bd. II, s. 133 ff. 241 ) Da s Schreiben vom 29. Mai 1560 bei Wiedemann, Bd. I, S. 301 f. und s. 299 rr.

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