Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

86 veränderte Weltlage unter Hervorkehrung des alten Rechtsstandpunk- tes die Anerkennung als Kaiser versagte 230 ), weckte diese Entzweiung zwischen Kaiser und Papst neue Hoffnungen im Protestantismus. Die Religionspolitik der obderennsischen Stände suchte den König in seiner Eigenschaft als Landesfürsten auf der Lini e einer Reforma- tion festzuhalten. Die gesunkene Volkssittlichkeit, die Lockerung aller Bande der Zucht und Ordnung und clie daraus entspringende Schädi- gung des Landes wurden dem Landesherrn als Folgen des „Mangels am Worte Gottes" hingestellt, Polizei, Religion und Prädikanten in engste Beziehung gesetzt. Das Schreiben an Ferdinand vom 17. Fe- bruar 1558 237 ) schrieb die sittlichen Schäden dem Mangel am Worte Gottes zu. Die Prädikanten würden verjagt und vom Ordinarius schwer gestraft, junge leichtfertige Leute zu Seelsorgern und Lehrern gesetzt, die mit Unzucht und Lastern schwerstes Ärgernis gäben. Das war bei der allgemeinen Verwilderung durchaus möglich, doch entspricht diese einseitige Belastung keineswegs den Tatsachen. Nach einer zweiten Bemühung um die reine Lehre, um das Abendmahl unter beiden Ge- stalten und um gute Prediger im selben J ahre setzte die Landtagstätig- keit zweieinhalb Jahre aus. Als die Stände am Ostermarkt 1561 wieder zusammentraten und eine Reihe belastender Vorkommnisse der letzten Zeit zur Sprache brachten, waren sie sich klar, daß im Lande ob der Enns ein neuer Machtfaktor eingegriffen hatte. Nach dem Tode des kränklichen und wenig' belieb ten Bischofs Wolfgang II. von Klosen (1555-1561) 238 ) bestieg· der energische, humanistisch gebildet e Ur - b an III. v o n T r e n b ac h den Passauer Bischofstuhl2 30 ). Schon als Dompropst von Passau, seit 1556, suchte er mit kraftvoller Hand das in Österreich mächtig um sich greifende Luthertum aufzuhalten. Obwohl nicht frei von Mängeln, zählte er zu den hervorragendsten Bischöfen seiner Zeit. Während seiner langen Regierungszeit 1561-1598 spielten sich die entscheidungsreichsten Wandlungen ab und seiner zähen Aus- dauer verdankt di e katholische Religion im Lande ob der Enns die Rettung vor dem völligen Untergang. Dies um so mehr, als unter Ma- ximilian II. (1564-1576) die Geschicke des Landes nicht mehr wie unter Ferdinand I. in den Händen eines treukatholischen Landesfürsten 238 ) Pastor, Bd. VI'"- "• S . 574 f. u . 579. 23 7 ) Anna l en, Bd. IX, Bl. 638. 238 ) Unter seiner Regierung ere igneten si ch schwere Abfälle in Passau. So ent- flohen 1556 der Propst von St. Nikola Thomas Guner von Hauzenberg (i" 1560) und c. 1556 der Dekan desselben Stiftes Augustin Trapp (i" vor 1558) nach Österreich und wurden Lutheraner. Krick L., Di e ehern . stabi l en K l öster des Bistums Passau, S. 5 und 7. Daß Österrei ch mit Vorliebe von entfloh enen ba irischen und a nderen reichsdeutschen K lerikern a ls Zufluchtsstätte a ufges ncht wurde, spricht mehr a ls andere Beweise flir den Geist und die Z~1 stände in Ös terreich. 239 ) ü ber ihn Heß D. , H istoria de vita et moribus D. Urbani Episcopi Passav. ex familia Trenbachiorum. Ingolstad, 1589, Hansiz JIL, Germanin sacr a , Tom. I. (1727), p. 626- 643, Schrödl, S. 337 ff ., Wiedemann , Bel. II, S. 362 ff., Pastor, Bd. IX 8 - 10 , S. 484 f. Die Familie h a tte vielfache Bezi ehungen zu Österreich. So waren des Bischofs Geschwi sterkinder Hans Stephan 1545- 1578 Pfarrer in St. Georgen im Attergau, Anna K losterfrau iu Graz, Margaretha Priorin in Maidenburg in Ste i- erma rk (i" 1553) und Kunigund Äbtissin in Erlakl oster. Krick L., 212 Stamm- t afeln adeli ger Famili en, S. 428.

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