Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

82 Burggraf Hans Hofmann damals noch Katholik war. Als Ferdinand an- läßlich des ungarischen Feldzuges 1556 für alle Kirchen der Erbländer in der Frühe das „Türkengebet" anordnete, unterließ Twenger an Werk- tagen die Messe, sang Dienstag und Freitag eine deutsche Litanei, spendete die Taufe in der deutschen Sprache und teilte das Abend- mahl unter beiden Gestalten aus. Am Ostersonntag unterließ er in der Pfarrkirche die Elevation der Hostie und des Kelches, am Dreifaltig- keitssonntag „widerlegte" er das Fest corporis Christi und stellte die Fronleichnamsprozession ein. Auf Befehl des Burggrafen fand die Pro- zession zwar acht Tage später statt, doch beteiligten sich nur wenig Leute und fast niemand von den Zechen und Zünften 210 ). Im Jahre 1559 bauten die Steyrer die seit dem großen Stadtbrand 1522 noch immer darniederliegende Dominikanerkirche samt dem Kloster auf, be- riefen Rektor Thomas Brunner (Pegaeus) an die Lateinschule 220 ) und führten das Exerzitium Religionis der AC ein. Nach Twengers jähem Tod im Jahre 1562 war sein Nachfolger, ein Garstner Konventuale, wieder Lutheraner. In Garsten bestand damals ein doppelter Konvent, ein äußerer für die „der AC Verwandten" und ein innerer für die An- hänger der katholischen Religion. Abt Anton I. Prundorfer (1559 bis 1568) hatte bei der Übernahme der Abtswürde erklärt, er werde auch als Abt sein eheliches Weib nicht verlassen 221 ) . Die verhängnisvolle Einwirkung der halblutherischen Abtei auf die Fortschritte der Pro- testantisierung in Steyr liegt auf der Hand. Ähnlich wie in Steyr, meist etwas langsamer, verlief die Religionsänderung in den übrigen Städten deR Landes. Am auffälligsten äußerte sich diese Umwälzung im Untergang d e r Me n d i k a n t e n k 1ö s t e r, die entweder in Städten oder, wie Obertalheim und Pupping, in der Nähe von Städten gelegen waren. Bei dem engen inneren Zusammenhang zwischen diesen Stadtklöstern und dem religiösen Geiste der Städter standen und fielen diese Kon- vente mit der katholischen Gläubigkeit. Es ist bezeichnend, daß nicht nur die Klöster der dritten Gründungsepoche, der Dominikaner in Steyr (1472), der Franziskaner in Pupping (1478) und der Paulaner in Obertalheim (1497), sondern auch der zweiten Klostergründungsepoche, der Minoriten in Linz, Wels und Enns, der Neuerung erlagen. Es muß wirklich ein neuer Geist in die Bewohnerschaft der Städte eingezogen sein, daß diese bevorzugten, reich bestifteten und von Adel und Bürger- schaft gerne besuchten Kirchen und Klöster so rasch und so gründlich verödeten. Die Geschichte der einzelnen Häuser weist überall den- selben Verlauf auf, jähen Abbruch der Stiftungen, eine längere Periode. der Verdorrung, g·ekennzeichnet durch Austritte von Mitgliedern, Mangel an Nachwuchs und wirtschaftlichen Verfall, ein kritisches Sta~ ' 19 ) Prevenhuber, S. 272. 220 ) Haller E., Brunner Thomas (Pegäus) und Mauritius Georg d. A., Heimatgaue, Bd. IV (1923) S. 262 ff. Stumpf! R ., Das alte Schultheater in Steyr zur Zeit der Reformation und Gegenreformation, Heimatgaue, Bd. XII (1931). S. 3 ff. Dazu Rolleder/Pillewitzer, Die Schulen der Stadt Steyr in der Refor- mationszeit, Beiträge zur österr. Erziehungs- und Schulgeschichte, Bd. XVIII (1918). 221 ) Prevenhuber, S. 273, Pritz Fr., Garsten und G!eink, S. 45 f.

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