Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

77 ten. Gemessen erklärten sie, in der Kelchfrage ihrem Gewissen folg·en zu wollen, in zeitlichen Sachen sagten sie dem König Leib und Gut zu. Ihre Bitte um Ausdehnung des Religionsfriedens zu Augsburg auf die Länder zeigt, daß sich die Stände über die Rechtslage im klaren waren. Zur Besteuerung des Klerus behaupteten sie, die Pfarrer und Stiftsinhaber könnten bei bescheidener Lebensführung die Steuern leichter leis ten als arme Handwerker und Tagwerker. Sie hätten in diesem Lande noch die „meiste pfarrliche Fecht" und die Accidentalia von Begängnissen und Jahrtagen, die Opfer ausgenommen. Von Bettelklöstern sei im Lande nur mehr Linz bes teuert. Die Antwort war eine höfliche Ver- beugung vor dem König und eine unverblümte Erklärung, bei der A C verbleiben zu wollen. Der W i e n e r Au s s c h u ß 1an d t a g wurde am 22. Jänner 1556 eröffnet 205 ). Das Land ob der Enns entsandte neue Bevollmäch- tigte, die sich, obwohl der Prälatenstand nicht vertreten war, als „die Gesandten aller vier Stände" bezeichnet en 200 ). Sie hatten laut Instruk- tion207) zuerst die Kelchfrag·e und die Religionsvergleichung aufzu- werfen und erst dann nach der Proposition zu greifen. Bei Nichtgewäh- rung der Bitte durften sie das königliche Begehren nur teilweise be- willigen208). Einern gemeinsamen Schritt der Länder hatten sie sich anzuschließen, falls aber die Länder einzeln vorgingen, hatten auch sie allein zu handeln. Werde ihnen soviel gewährt, daß man sich nach ihrer Meinung billigerweise derzeit damit begnügen könne, so sollten si e sofort zum Vortrag gTeifen, wenn nicht, dann durften sie nur die Be- willigung von 1555 zusagen, und zwar mit folgender Begründung: ,,Da ihre Bitten nichts fruchten, können sie wegen der Gefährlichkeiten des Erbfeindes und ihrer wahren katholischen und apostolischen Religion halber, für die sie gar keine andern verführerischen oder sektischen Lehren begehren noch sich derselben t eilhaftig· zu machen gedacht wären, nicht ein Mehrers über sich nehmen." Bei Vertröstung auf später hatten sie eine dehnbare Verwahrung·sformel zu gebrauchen, bei der man sich alles oder nichts denken konnte. Von größter Bedeutung ist die Fertigung· der Instruktion. Es hatten gezeichnet und gesiegelt Gre- gor Abt von Kremsmünster, Wolfgang Abt von Garsten, Wolf Graf von Schaunberg, Andre zu Pollheim, Michael Hohenfelder zu Almegg, 205 ) Annalen, Bel. IX, BI. 2i8 ff. Stiil z J., An sschußlandtag der fünf n.-ö. Lande in Wien 1556, AOG., Bd. VIII (1852), S. 157 ff . Loserth, a . a . 0 ., 101 ff. 206 ) Es waren Erasmus von Stm·hemberg, Hans von Sch erfenberg, Kasimir von Pollheim, Georg von P erkheim zu Wi rt ing, Hans Aspan, Damian Ziegler, Stadtrichter von Linz, Melchior Hirsch, Bürger von Steyr, Hans Winter, Bürger zrr Enns, Georg Püttinger von Wels . • 07 ) Das wichtige Dokument, das in den Anna l en nicht enthalten i st, nnd das auch S tülz nicht kennt, fand i ch in den Landsch·aftsakten, Bd . VL, Nr . 131. '" 8 ) ,.Denn so uns darin keine gnädige Willfahrung erzeugt würde und wir in der Gefahr mit Leib und Gut stehen müssen, di e uns durch etliche Ihrer königlichen Majestät Generalmandate, so in kurzer Zeit herum mit erns tlicher Drohung desselben au sgegangen und publiziert worden sind, so können und wis- sen wir zu jetzt vorstehender Gefährlichkeit und Ihrer königlichen Majestät dar- wider gnädigstem Vernehmen soviel nicht zu bewilligen und zu leis t en a ls viel- l eicht Ihrer kön igli chen Majestät gnädigste Begehren sind und di e Notdurf t er- forder n würde.';

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