Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

76 sub utraque und gegen den könig·lichen Befehl nur das Land ob der Enns abgab. So blieb auch die Kelchfrage zunächst - außer Rechtens - den wechselnden Umständen der Praxis preisgegeben. Am 25. September 1555 mußte Ferdinand unter stärkstem Druck der Türken und der mit Frankreich verbündeten protes tantischen Fürsten die Glaubensspaltung Deutschlands reichsrechtlich anerkennen. Die Freude der Erbländer über den Aug s b u r g e r R e 1 i g i o n s- f r i e d e n erwies sich indes als verfrüht. Erstens war die Wahlfreiheit zwischen Katholizismus und A C nur für die Reichsstände, nicht aber für deren Untertanen festgelegt worden~ 04 ) . Zweitens bes tand die Aus- wanderungsmöglichkeit im Falle der Ablehnung der Religion des Lan- desfürsten nur für die Untertanen der Reichsstände, nicht aber für die Erbländer. Bei dieser Rechtslage bestand kein Zweifel, daß - die katholische Religionszug·ehörigkeit des Landesfürsten auch in Zukunft vorausg·esetzt - der Augsburger Religionsfriede für den erbländischen Protestantismus den juridischen Todesstoß bedeutet e. Alles lag fort an beim Landesherrn, dessen Absolutismus in der Religionsfrage vollendet war. Ihn galt es in Zukunft ganz anders als in der Vergangenheit, sei es durch Geldbewilligungen, sei es durch radikale Opposition, gefüg·ig zu machen. Als Waffen standen den Landständen seit dem Entzug jeder Rechtsgrundlage die Landtagsbewilligungen und die Durch- schlagskraft des Luthertums, unbekümmert um alle Rechtssatzungen, zu Gebote. Blieb der Landesherr unerbittlich, so mußten sie entweder beigeben oder zur Selbsthilfe schreiten. Die g·anze künftige Ent- wicklung bis zur Schlacht am Weißen B0rge nahm von dieser Sachlage ihren Ausgang. Für den Augenblick brauchte den Ständen allerdings nicht bange zu sein. Der Sultan hatte im Juni 1555 dem königlichen Gesandten nur einen halbjährigen Waffenstillstand bewilligt. Daß dieser kurzfristige Vertrag für 1556 den Krieg bedeutete, war jedermann klar. Ferdinand sah sich daher gezw,ngen, mit Geldforderungen in größtem Ausmaße an die Länder heranzutreten. Für Dezember 1555 wurden überall Land- tage einberufen und im Jänner 1556 sollte ein Ausschußlandtag die Ständevertreter zur endgültigen Beschlußfassung in Wien zusammen- führen. Für die Landstände war mithin die g·ünstigste Gelegenheit ge- geben, zum Augsburger Religionsfrieden grundsätzlich Stellung· zu neh- men. Im Lande ob der Enns trat der vorbereitende Landtag am 9. De- zember 1555 zusammen. Kommissäre waren der Landeshauptmann Bal- thasar von Presing, Gregor Abt von Kremsmünster und J akob Gienger, Vizedom. Die Instruktion hob die Unmöglichkeit, in der Kelchfrage der Kirche vorzugreifen, hervor, stellte di e Religionsvergleichung auf dem Regensburger Reichstag 1556 in Aussicht, wobei Ferdinand die gleiche Haltung wie in Augsburg· zusagte, und verlangte Steuerfreiheit für die dem Untergang nahen Pfarren und Klöster der Bettelorden, deren Lehensherrn die Güter einzögen. Die Antwort der Stände hält den fri ed- lichen Willen des Königs, dem sie keine Schuld beimessen, und die ,,fremden Schädlinge" auseinander, die den Ausgleich bisher verhinder- ••4) Kg!. Entschließung vom 2. September 1555. Bucholtz . Bd. VII, S. 19G f.

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