Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

74 derbelebung der verödeten Alma Mater Rudolphina. Dieser Versuch des König·s, vor der Einführung des Tridentinischen Seminars die Heranbildung der Kleriker von Staats weg·en zu veranlassen, eine Vor- wegnahme der späteren Idee staatlich-kirchlicher Zentralseminare, stellte dem Weitblick Ferdinands das beste Zeugnis aus, scheiterte aber aus zwei Gründen. Die lutherischen Stände mußten in der Heran- bildung· eines treukatholischen Klerus eine Gefährdung ihrer Aussichten erblicken. Außerdem waren sie grundsätzliche Gegner jedes Zentralis- mus. Mit dem Ferdinandeischen Studienplan hätten sie nach ihrer An- schauung nicht nur ihren Einfluß vermindert und ihr Geld dargestreckt, sondern auch ein Stück Landesfreiheit aus der Hand gegeben. Di e in erster Linie betroffenen Städtevertreter bereiteten der Regierungsvor- lag·e auf dem Dezemberlandtag 1551 hartnäckige Schwierigkeiten und gestanden nur je 100 fl. für vier oder fünf Stipendiaten auf fünf Jahre zu 100 ) . Aus anderen Gründen sprachen sich die Prälaten gegen die Studienvorlage aus. Jedes Haus kämpfte mit wirtschaftlichen Schwi erig- keiten und konnte kaum die Stiftsschule erhalten. In dieser sah man den Grundstock für den Klerikernachwuchs. Nun hatte Ferdinand be- reits seit 1533 Kontributionen der Klöster für die Wiener Universität eingeführt, die nur säumig geleistet wurden. Der Kampf um die „Wie- nerische Universitäts-Kontribution" mußte fast von Stift zu Stift ge- führt werden 197 ) . Als Ferdinand jetzt die Klöster aufforderte, ihre Be- willigung und die Stipendiaten nach Wien zu entsenden, g-ingen ihn die Prälaten um Erlaß der Kontribution an, damit sie ihre Stipendiaten und ihre Schulen unterhalten könnten. ichts zeigt die dringende Not- wendigkeit des Tridentinischen Seminars so deutlich auf als die müh- seligen Versuche nach dem Untergang der Glaubenseinheit, deren starke Fülle reichlich Priesternachwuchs getragen hatte, die Ausbildung des Seelsorgsklerus auf eine neue Grundlage zu stellen. Mit dem am 4. Juni 1554 eröffneten J esuitenkonvikt war in Wien der Grundstein für die Klerusreformation gelegt . Auf p r o t e s t an t i s c h e r S e i t e hatte man gleich zu Beg-inn der Glaubensspaltung· die Tragweite der Ausbildung tüchtiger Prädikanten erkannt und schon vor 1525 studierten bereits Söhne des Landes ob der Enns in Wittenberg. In der Folgezeit hatten sich die Diener der A C in Österreich entweder aus abgefallenen katholischen Geistlichen oder aus Klerikern ergänzt, die aus Deutschland ausgewiesen worden waren. Es li egt auf der Hand, daß diese Ergänzung für das Luthertum keineswegs befriedi gend war. Man betrat daher gleichfalls den Weg der Stipendien. Landstände und 196 ) Die Korrespondenz des Städtesyndikus mit Freistadt über diese Frage bei Jäkel J., Ferdinand I. und die Stipendia t en 11us den P ar tikularschulen Ober- österreichs in den Jahren 1551 bis 1554. Beiträge zur österreichischen Erziehungs- und Schulgeschichte, Bd. V (1903). über die Schulverhältnisse in Freis tadt, Jäkel J., Zur Geschichte der l a t einischen Schulmeister in Freistadt in Oberöster - rei cb, Beiträge zur österreichischen E~ziehungs- und Schulgeschichte, B el . III (1901), s. 81 ff. 1 9 7 ) Quellen zu dieser Frage im Stiftsarchiv Kremsmiinster, Prälatenstands- a r chiv, und für die einzelnen Häuser in den Hausarchiven. Gut verfolgen läß t si ch di e Frage z. B. in Spital a. P . , o.-ö. Landesarchiv, Spitaler Akten (Prälatenstands- ak ten), Bd. CIII.

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