Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

73 wo eine Abmachung in der Religionsfrage zustandekam und ein großer Fürstentag· auf den 26. Mai 1552 nach Passau beschlossen wurde 101 ). In dieser höchst kritischen Lage erwies sich Ferdinand als wahrer Schirmvogt der Kirche in Österreich. Auch er hatte längst erkannt, daß mit der Behauptung der Rechtsstellung der Kirche in den Erb- Hindern die Rettung der katholischen Religion .noch nicht bewerkstelligt war. Es wankten die Grundlagen und Voraussetzungen der Rechts- stellung. Daher bemühte er sich mit ganzer Kraft um die Einführung und um die Begründung der inneren katholischen Erneuerung. Als sich am letzten Mai 1551 einige Jesuiten in Wien niederließen und im näch- sten Jahre Petrus Canisius seine reiche Tätigkeit entfaltete 102 ), hatte nicht nur Wien einen festen Kristallisationskern der katholischen Re- formation gewonnen, es setzte zum erstenmale in der Glaubensspaltung neben der Bewältigung der nächstliegenden Aufgaben die weitausschau- ende Arbeit für Fernziele ein. Eine Reihe von Edikten Ferdinands, so über die Wiederbesetzung der Pfarren vom 30. März 1551, gegen die lutherischen Schulmeister und gegen die Propaganda lutherischer Bücher vom 1. August 1551 103 ), wegen der g·eistlichen Güter von 1553 104 ) und gegen den Gebrauch des Abendmahles unter beiderlei Ge- stalte11 vom 20. Februar 1554 195 ), suchten die wankende Kirche zu stützen und liehen ihr den weltlichen Arm. Von entscheidender Tragweite war für beide Teile die Frage des Nachwuchses der Religionsdiener. Die Auswirkungen der kirchlichen Umwälzung, der Verfall des Geisteslebens und der Zucht, die polternde, in den Stiefeln des Grobianismus einherschreitende Polemik und die Vergiftung des Zeitempfindens durch den langjährigen Konfessions- kampf waren dem katholischen Priester wie dem protestantischen Die- ner am Wort gleich ungünstig. Beide Parteien suchten sich einen besseren Nachwuchs von Religionsdienern zu sichern. Die Wege, die sie zu diesem Zwecke beschritten, deckten sich teilweise. Au f k a t h o- 1i s c h e r S e i t e griff Ferdinand selbst die Regelung des Priester- nachwuchses und der Priesterbildung· auf und zog die Angelegenheit an sich. Der Plan des Königs sah die Entsendung· einer gewissen Anzahl Yon Stipendiaten seitens der einzelnen Länder an die Wiener Universi- tät und die Stiftung von Freiplätzen in den Bursen vor. Ferdinand versprach sich von dieser Maßnahme nicht nur die Auffüllung der arg gelichteten Reihen der katholischen Seelsorger, sondern auch die Wie- '") Gebhardt-Meister, Deutsche Geschichte, Bd . II', S. 91 ff . ; Bucholtz, Fer- dinand I., Bd. VII, S. 66 ff. Zwei französische Briefe Ferdinands an den Kaiser und der Bericht des kaiserlichen Gesandten im Au szug bei Bucholtz, Urkunden- band, S. 539 f. und 541. Die Berichte des venetianisehen Gesandten über die Linzer Abmachungen vom 20. April bls 2. Mai 1552 bei J anssen-Pastor, Geschichte des deutschen Volkes, Bd. III 19 - • 0 (1917), S. 836. Die Literatur über den Passauer Vertrag ebenda, S. 841. 192 ) Bucholtz, Bel. VIII, S. 187 ff. und 203 ff . Vergl. die Monographi en von Braunsberger 0. und Metzl er J. Dazu Braunsberger 0., Beati P .. Canisii epistolae et acta (1923, 8 Bde.). 193 ) Raupach, Bel. II, S. 106 ff. 10•) Annal en, Bel. IX, BI. 182. "') Raupach, Bd . II, Beilagen, S . DG ff. Erwiihnt Annalen, Bd. IX, BI. 204' f .

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