Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

70 gegen das Symbolum. Die Bitte um Nachsicht für die Kommunikanten sub utraque specie verrät die Mitarbeit auch der Prälaten an diesem Gutachten. Weiters werden die Taufe in deutscher Sprache und die Absolutionsgewalt für die Pfarrer auch in den reservierten Fällen ge- fordert. In der Zölibatsfrage bezog sich die Landschaft auf das Paulus- wort : melius est nubere quam uri . Sie wendete sich weiters gegen die Abschaffung der „Poetenschulen" zum Unterschied der bei den Kirchen gehaltenen Schulen, bei denen es sich nur um Gesang drehe. In Italien, Frankreich und in anderen Ländern seien eig·ene Personen für den Ge- sang verordnet, damit die anderen mehr Zeit zum Studium hätten. Zum Artikel „de rebus ecclesiarum et monasteriorum non alienandis" woll- ten die Prälaten ihr Gutachten nicht erstatten, während die weltlichen Stände im Verbot der Veräußerung von Kirchen- und Klostergut einen Eingriff in die Vogteirechte des Landesfürsten erblickten 187 ) . Welche Immunitäten und Freiheiten seien g·emeint? Wider geistliche und natür- liche Rechte hätten auch die Apostel und Evangelien keine Freiheiten gemacht. Man sorge sich nicht um die Freiheiten der Geistlichkeit, schließt das Gutachten, sondern trachte, daß der weltliche Mag·istrat ein Hüter und Schützer des göttlichen natürlichen Gesetzes sei. Diese Antwort vereinigt ohne Zweifel die folg·erichtige protestantische Auf- fassung in allen Punkten mit hervorrag·ender politischer Klugheit in der Form. Psychologisch überaus geschickt stellt sich das Gutachten auf die Seite der Reformationsordnung des Kaisers und der Hoheit des Landesfürsten und drängt so die Synode in einen Gegensatz zu Karl und Ferdinand. Seine größte Durchschlagskraft mußte ihm die Mit- arbeit der Prälaten sichem 188 ) . Die Salzburger Beschlüsse hatten eine Reform der alten Kirche im Aug·e, das Gutachten der obderennsischen Landschaft wandelte aber protestantische Pfade und mußte durch ~ine gewisse Mäßigung besonders gefährlich sein. Gegenüber dieser grundsätzlichen Stellung·nahme kommt der Äußerung zu d e n G r a v am in a c1 es K 1er u s nur eine unter- geordnete Bedeutung zu. Die Antwort war scharf, aber wohl berech- net. Sie verwies auf das durchaus ärgerliche Leben der Pfarrer und auf den größeren Seligkeitseifer bei den Laien als bei den Geistlichen, erklärte die langsame Besetzung der vakanten Stellen mit dem Priester- mangel und mit den Schwierigkeiten der Präsentation, behauptete Si- monie, Eigennutz und Verkauf an den Meistbietenden bei der Pfründen- vergebung, forderte den Einfluß des Landesfürsten auf die Prälaten- wahlen und verteidigte das Reformationsrecht des König·s . Die Frage der geistlichen Güter sprach das Gutachten der landesfürstlichen Obrig- keit zu, beschuldigte den Klerus der Unersättlichkeit an Gut, behaup- t ete den Verkauf von Ablaßbriefen und wies den Vorwurf der Kirchen- gutseinziehung zurück. Gegen den Vorwurf der Verachtung der geist- 1 87 ) über die Auffassung der weltlichen Stände hinsichtlich der Stifts- und Schirmvogtei des Landesfürsten ver g l. Annalen , Bd. VIII, BI. 602. 1 88 ) Anders Loserth, a. a. 0., S. 205, der aus der Mitarbeit der Prälaten schließt, daß das Land ob der Enns noch nicht so weit fortgeschritten war a ls die Steiermark. Dieser Schluß übersieht die besondere politische Lage im Lande ob der Enns und das viel stärkere Korporationsgefühl der Landschaft .

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