Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

69 Die S a 1z b u r g e r P r o v i n z i a 1s y n o d e 186 ) krankte nicht nur von Anfang an am Widerspruch ihres weltlichen Auftraggebers, son- dern sie bewegte sich keineswegs in den vom Kaiser gewünschten Bah- nen. Kad V. strebte zur Durchführung des Augsburger Interims Syno- den in den einzelnen Diözesen und Kirchenverbänden an, um auf der Grundlage genauer Kenntnisse des Standes der Dinge mit Visitationen durchzugreifen. Dagegen begann die Synode mit der Abfassung von Statuten in 55 Titeln und stellte Gravamina des Klerus gegen die Laien auf. Beide Schriftstücke wurden an Ferdinand und an Baiern überschickt, begegneten aber erbittertem Widerstand. Das Gutachten der niederösterreichischen Regierung griff die Gravamina unter „bei- ßendsten Bemerkungen" mit äußerster Schärfe an. Am 1. September begann in Salzburg eine Aussprache zwischen den Synodalvertretern und den Gesandten Österreichs und Baierns. Während der Administra- tor von Passau einen Auszug der Statuten als „Mandate oder Landes- befehle des Erzbistums Salzburg" veröffentlichte, hatte Ferdinand die Mandate und Gravamina zwecks Erstattung von Gutachten den ein- zelnen Ländern übermittelt. Die Antwort der obderennsischen Land- schaft auf beide Aktenstücke und die Sonderbeschwerden des Landes ob der Enns wider den Klerus, die sich der Form nach an die Verhand- lungen weltlicher Ausschußlandtage hielten, zeigen die grundsätzliche Stellungnahme der obderennsischen Landstände zur kirchlichen Frage in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts auf. Das G u t a c h t e n d e r S t ä n d e ü b e r d i e A r t i k e 1 d e r S a 1z b ur g e r P r o v in z i a 1s y n o d e spielt eingangs die Augs- burger Reformationsordnung Karls V., den „rechten Spiegel einer züch- tigen Klerisei", gegen die angezogenen Artikel aus, welche die Synode zur Schmälerung der weltlichen und landesfürstlichen Obrigkeit aufge- stellt habe. Die Beschwerden der Geistlichkeit werden als „vermeinte" Gravamina abgetan. Die Berufung auf die Konzilien, deren Statuten den päpstlichen Dekreten in vielen Punkten widersprächen, sei abzu- lehnen. Mißbräuche aus Überlieferung und Gewohnheit könnten erst nach Abstellung der Zeremonien, in denen die Abgötterei eingerissen sei, verschwinden. Die Schriften Luthers, nicht aber die der sakra- mentsschänderischen Wiedertäufer, sollten den Leuten vorläufig ge- lassen werden. In der Jurisdiktionsfrage sei das geistliche Recht g·egen die landesfürstliche Hoheit und der Landleute Gerechtigkeit zu weit ausgebreitet. In den sogenannten causae ecclesiasticae (causae matri- moniales, causa fidei, causa haeresis) gehöre die Jurisdiktion der gan- zen Kirche, worin auch der weltliche Magistrat inb agriffen sei. Unter Ketzerei verstünden sie Lehren gegen die Dreifalti ~keit, geg·en die Menschwerdung Christi, gegen die unbefleckte EmJ fängnis Mariä und 1 86 ) Loserth J., Die Salzburger Proviuzialsynode von 1; ,9, AöG., Bd. LXXXV (1898), S. 141-357; Hübner K., Die salzburgischen Provinzh„Jsynoden im 16. Jahr- hundert, Deutsche Geschichtsblätter, Bd. XII (1911), S. 105 ff .; Dalham, Concilia Salisburgensia, p. 335; Widmann R., Geschichte Salzburgs, Bd. III, S. 77 ff.; Raupach, Bd. II, S. 101 ff.,; Loserth J., Reformation und Gegenreformation, S. 78 bis 92. Die Annalen erwähnen das Provinzialkonzil nur ganz flüchtig. Annal en, Bd. IX, BI. G'.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2